„Dieses Mal wird es keine Verliererin geben“, sagt Serena Williams (li.) vor dem Duell mit ihrer Schwester Venus. Foto: AP

Erstmals seit Wimbledon 2008 treffen die Williams-Schwestern wieder in einem Tennis-Grand-Slam-Finale aufeinander.

Melbourne - Beide trugen Perlen in den Haaren, als sie vor 19 Jahren in Melbourne zum ersten Mal ganz offiziell auf der Profitour gegeneinander spielten. Venus Williams, damals 17 Jahre alt, und die kleine Schwester Serena, damals 16. Venus gewann, wie sich das für die Ältere gehört, doch fand, diese Begegnung sei ziemlich merkwürdig gewesen. Vielleicht, so meinte sie danach, sei am besten, sie würde mit der Schwester einen Pakt schließen, immer die Nummer eins und zwei zu sein, um sich in Zukunft nur in Endspielen begegnen zu müssen. Ziemlich lange funktionierte dieser Pakt, dann schien er nicht mehr möglich zu sein. Doch am Fuße des Regenbogens fügt sich nun alles auf eine kaum glaubliche Art – am Samstag werden Venus und Serena Williams am Ort des Beginns noch einmal um den Titel bei den Australian Open spielen.

Hatte es eine Zeitlang nicht manchmal so ausgesehen, als sei die Geschichte der Schwestern, die schon vor ihrer Geburt dazu auserkoren waren, die Welt des Tennis zu erobern und die die kühne Idee ihres Vaters tatsächlich mit Leben füllten, fast zu selbstverständlich? Venus und die 15 Monate jüngere Serena gewannen Titel wie am Fließband; achtmal spielten sie bei Grand-Turnieren miteinander und gegeneinander um den Titel, und manch einer dachte damals: Okay, wieder ein Endspiel der Schwestern.

Der wohl beste Moment ihrer gemeinsamen Karriere

Aber wer hätte allen Ernstes gedacht, dass die beiden 19 Jahre nach der ersten Begegnung als Profis auf der Tour in der selben Arena noch mal um den Titel spielen würden? Dass Serena auch in diesem Jahr wieder beim letzten Spiel dabeisein würde, konnte man spätestens nach dem Ende der ersten Woche ahnen. Die verblüffende Variante geht eindeutig auf das Konto der älteren Schwester.

Nachdem vor fünfeinhalb Jahren bei Venus Williams das Sjögren Syndrom, eine Autoimmunkrankheit, festgestellt worden war, hatte es manchmal so ausgesehen, als nähere sich die Karriere der Älteren dem Ende. Die großen Endspiele schienen danach nur noch für Serena reserviert zu sein, Venus gehörte zwischenzeitlich in der Weltrangliste nicht mehr zu den besten 50. Umso bemerkenswerter war es, als sie 2015 im zarten Alter von 34 Jahren unter die Top Ten zurückkehrte und dass sie im vergangenen Jahr noch mal das Halbfinale in Wimbledon erreichte, das sie gegen Angelique Kerber verlor. Wimbledon, der Ort ihrer größten Erfolge, an dem sie fünf Titel gewann.

Wenn Serena nun sagt, dieses Finale am Samstagabend (Ortszeit) in der Rod Laver Arena gegen die Schwester werde vermutlich der beste Moment der gemeinsamen Karriere sein, dann hat diese Behauptung einen massiven Wert. Sie selbst beendete im Halbfinale die berührende, unendlich inspirierende Erfolgsgeschichte von Mirjana Lucic-Baroni mit einem klaren Sieg; die Kroatin schenkte dem Turnier noch einen Gänsehaut-Moment, als sie nach dem Spiel ihr Handy aus der Tasche zog, um sich selbst vor der Kulisse von 15 000 Bewunderern für die Ewigkeit festzuhalten.

„Triumph und Desaster in Echtzeit“

Verblüffend hingegen wirkte die Art, wie Venus gegen die dritte Amerikanerin der Halbfinals gewann, CoCo Vandeweghe. Sie steckte den Verlust des ersten Satzes weg, änderte danach ein wenig ihre Taktik und brachte Kerber-Bezwingerin Vandeweghe aus dem Konzept. Am Ende machte sie, die elf Jahre Ältere, den frischeren, den mutigeren, den selbstbewussteren Eindruck. Gar nicht zu reden von ihrem quietschenden, kindlichen Jubel nach dem Matchball mit doppelten Pirouetten und dreifacher Freude.

Innerlich sei sie ja wirklich noch ein Kind, meinte sie hinterher, aber sie verriet auch ein paar Ansichten, die man in Stein meißeln könnte. „Sport“, sagte sie „das ist Triumph und Desaster in Echtzeit. Da gibt es keine Wiederholung, keine Neu-Aufnahme und keinen neuen Text. Die Leute erkennen einen Champion, aber sie können auch mit demjenigen, der nicht gewinnt, was anfangen, weil wir schließlich alle solche Momente erleben.“

14 Jahre nach dem einzigen gemeinsamen Endspiel in Melbourne, fast acht Jahre nach dem bislang letzten Familienfinale bei einem Grand Slam in Wimbledon, spielen sie nun wieder um eine bedeutende Trophäe. Serena versichert, einen größeren Traum habe man ihr nicht erfüllen können. „Was immer auch passiert – dieses eine Mal habe ich das Gefühl, dass ich nicht verlieren kann und dass auch sie nicht verlieren kann.“ Nach dem Finale 2008 in Wimbledon tanzten sie bei einem Zug durch die Gemeinde zu später Stunde gemeinsam auf dem Tisch. Es gibt reichlich Anlass, das zu wiederholen.