Kräftemessen mit Spielern aus dem Mutterland des Australian Football: Jakob Jung aus Herrenberg (li.) beim Spiel der europäischen Auswahl gegen die Australier in London. Foto: Andrew Tobin

Jakob Jung hat sein Sportlerherz während eines Auslandsjahres verloren. Die Leidenschaft für Australian Football hat ihn gepackt und lässt ihn nicht mehr los – auch wenn der Sport hierzulande nahezu unbekannt ist.

Jakob Jung hat sein Sportlerherz während eines Auslandsjahres verloren. Die Leidenschaft für Australian Football hat ihn gepackt und lässt ihn nicht mehr los – auch wenn der Sport hierzulande nahezu unbekannt ist.

Herrenberg - Einmal im Jahr ist Jakob Jung (21) ein Exot. Dann, wenn er mit den Australian Footballern der europäischen Auswahl gegen das U-18-Team aus Down Under antritt – vor den Scouts der besten Vereine der australischen Profiliga.

Der Herrenberger ist ein Exot, weil er in seinem Team der einzige Deutsche ist. Seine Mitspieler sind hauptsächlich Iren und Engländer. Und deshalb kann man auch ohne Übertreibung behaupten: Jakob Jung ist der beste Australian Footballer Deutschlands. „Das ist schon toll“, sagt der Student und freut sich über diese Ehre. Doch was ist das eigentlich, Australian Football? Jakob Jung erklärt: „Der Sport wird mit einem Ei wie im Rugby gespielt. Es gibt auf jeder Seite vier Torpfosten, und das Feld ist dreimal so groß wie ein Fußballfeld.“ Das ist der Grund für die enorme Laufintensität des Spiels.

Kennengelernt hat es Jakob Jung vor vier Jahren während eines Auslandsaufenthaltes in Australien. Nachdem der Deutsche es in der dortigen Schule ins Auswahlteam geschafft hatte und in der Liga seines Vereins auch noch auf der Liste der besten Spieler stand, war seine Leidenschaft für Australian Football endgültig geweckt.

Traum vom Sprung in die australische Profilga

Seitdem steht er Jahr für Jahr auf der sogenannten Draftliste, von der sich die australischen Profivereine die besten Nachwuchsspieler der Welt aussuchen können. In regelmäßigen Leistungstests muss er dafür seine Fitness unter Beweis stellen und zeigen, dass er in Ausdauer und Schnelligkeit ausreichende Fähigkeiten mitbringt. Mit einem Vertrag hat es bislang zwar noch nicht geklappt, „ich würde das aber auf jeden Fall versuchen“, sagt Jung, „zwei Iren aus der Europaauswahl haben es in den vergangenen Jahren schon in australische Profikader geschafft“. Im Förderprogramm, der europäischen Auswahl, ist er nach wie vor.

„In diesem Jahr war ich zum dritten Mal dabei“, erzählt Jakob Jung. Neben Programmpunkten wie einem Besuch im Wembleystadion standen in London Trainingseinheiten mit gemischten Teams aus Australiern und Europäern auf dem Programm. „Davon profitiert man natürlich stark“, sagt Jung. Und im abschließenden Spiel schlugen sich die Europäer gegen die angehenden australischen Profis wacker – und verloren nur mit 48:137. Mehr Punkte erzielt und weniger kassiert haben die Europäer gegen die Australier noch nie. Jakob Jung kann das Ergebnis einschätzen: „Eine Niederlage in dieser Höhe kann auch im regulären Ligabetrieb in Australien passieren, deshalb sind wir sehr zufrieden.“ Der Vorteil der Europäer: „Wir sind körperlich stärker.“

Wenn Jakob Jung nicht in Tübingen Sportpublizistik studiert oder in London gegen die besten Footballer der Welt spielt, geht er in Herrenberg seinem „Wintersport“ nach, wie er es nennt. Bei der SG H2Ku Herrenberg II spielt er Handball. Doch das reicht ihm nicht. Gut, dass es auch in Stuttgart in den wärmeren Monaten die Möglichkeit gibt, Australian Football zu spielen.

„Ein australischer Freund hat mir damals einen Link im Internet zum deutschen Verband gezeigt“, erinnert sich Jung. Seit seiner Rückkehr aus Australien spielt er in der deutschen Liga für die Stuttgart Emus und gehört dort zu den wichtigsten Spielern. Im ersten Jahr wurde er zum besten Rookie der kleinen Liga gewählt. In Stuttgart, München, Berlin, Hamburg, Köln und Frankfurt spielen sechs Mannschaften um den Titel.

„Die vergangene Saison war eher durchwachsen“, gibt Jung zu. Nach einem Durchhänger holten die Emus am Ende der Saison nur Platz vier. Zuvor war Stuttgart zweimal Dritter gewesen. In diesem Jahr wollen die Emus wieder angreifen. Stuttgart war am ersten Saisonwochenende spielfrei und startet nun an diesem Samstag ins Rennen um den Titel. Dann kommt es gleich zu einem Kracher: Zum Südderby empfangen die Emus das Team aus München.

In den Deutschland fehlen die Sponsoren

Doch mit der Bundesliga, dem Handball und der Europaauswahl ist Jakob Jung noch immer nicht ausgelastet. Nebenbei spielt er auch noch in der Australian-Football-Nationalmannschaft. Ganz so streng wie etwa im Fußball geht es dort aber nicht zu. Auffallend starke Spieler wie Jung erhalten zwar Einladungen von Scouts, alle anderen, die es sich zutrauen, dürfen aber auch an einem Lehrgang der Nationalmannschaft teilnehmen. Auf eigene Kosten – selbst bei internationalen Turnieren.

„Wir müssen auch die Auswärtsfahrten in der deutschen Liga selbst zahlen, weil es einfach noch keine Sponsoren für diesen Sport gibt“, sagt Jung.

Und auch die Zuschauer kommen noch nicht so zahlreich, wie es ihr Sport aus Sicht der Footballer verdient hätte. Deshalb hoffen Jakob Jung und seine Teamkameraden auf viele Fans zur Unterstützung der Emus im ersten Heimspiel der Saison gegen die Munich Kangaroos. Los geht es an diesem Samstag um 14 Uhr im Eberhard-Bauer-Stadion in Esslingen.