Kinderarmut: Die Stadt Stuttgart holt den Erfahrungsschatz von Sozialbetreuern ins Rathaus. Foto: dpa

Die Stadt will die Situation von armen Familien verbessern und holt deshalb Erfahrungsberichte von Sozial- und Bildungsinstitutionen ein. Die Fraktion SÖS/Linke plus hat die Ursachen und Verursacher bereits identifiziert.

Stuttgart - Unpassende Kleidung, fehlende Winterstiefel, leere Vesperdosen oder Müdigkeit – Kinderarmut hat viele Auswirkungen und viele Gesichter, auch im reichen Stuttgart. Laut Sozialberichterstattung der Landeshauptstadt leben 16 000 Kinder in Armut oder an der Grenze zur Armut. Woran es ihnen fehlt und warum, das wissen Menschen am besten, die in Kita, Schule oder Jugendeinrichtung arbeiten oder die sich ehrenamtlich für Familien engagieren. Deshalb hat die Kinderbeauftragte, Maria Haller-Kindler, am 2. Mai zahlreiche Akteure zum Austausch ins Rathaus eingeladen.

Die Gäste hatten Wunschzettel ihrer betreuten Kinder an die Aktion Weihnachtsbaum der Kinderwünsche weitergeleitet und wissen, unter welchen finanziellen und sozialen Verhältnissen ihre Schützlinge leben. Auch sollen sie darüber berichten, welche Unterstützungsmaßnahmen greifen und wo welche Lücken klaffen. „Ihre Erfahrungen sind für uns wichtig, um uns im Sinne einer kindergerechten Stadt weiterzuentwickeln“, heißt es in der Einladung.

Mögliche Maßnahmen werden diskutiert

Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) ist daran gelegen, dass auch Mitglieder von Verwaltung, Gemeinderat, Vereinen und Stiftungen „die Gelegenheit wahrnehmen, die Erfahrungen von Mitarbeitenden in den Einrichtungen unmittelbar zu hören“, so der OB.

Nach der Eröffnung der Veranstaltung am Dienstag um 14 Uhr befassen sich im Großen Sitzungssaal verschiedene Gruppen mit den Themen Wohnen, Bildung, Gesundheit, Kultur, Freizeit, Spiel und Sport und Teilhabe. Von 16 Uhr an werden die Ergebnisse zusammengefasst; mit Fritz Kuhn diskutieren die Teilnehmer dann über mögliche Maßnahmen, die in die Konzeption Kinderfreundliches Stuttgart einfließen sollen.

Erste Fraktion stellt Forderungen

Anlässlich der Veranstaltung hat die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus schon am Freitag mehrere Forderungen offengelegt, die sie im Rahmen der Haushaltsplanberatungen einbringen will. Unter anderem sollen Kinder in Schulen und Kitas kostenlos zu Mittag essen und kostenlos mit Bus und Bahn fahren können. Da der Armuts- und Reichtumsbericht Baden-Württemberg belege, dass finanzielle Armut das Gesundheitsrisiko erhöhe, setzt SÖS/Linke-plus auf den Ausbau von Ganztags- und Gemeinschaftsschulen, deren Öffnung für Flüchtlingskinder und den Ausbau der Schulsozialarbeit. Die Stadt Stuttgart sei dazu finanziell durchaus in der Lage, so der Fraktionsvorsitzende Hannes Rockenbauch. Hätten Kinder freien Eintritt in Museen, wäre das ein weiterer Schritt zur kulturellen Teilhabe. Stadträtin Laura Halding-Hoppenheit mahnt zudem mehr sozialen Wohnungsbau an.