Analog und abstrakt: Wolfgang Berg vor der Serie „Licht“. Foto: Susanne Müller-Baji

Im Bezirksrathaus Stuttgart-Weilimdorf sind Arbeiten des Fotokünstlers Wolfgang Berg aus Botnang zu sehen.

Stuttgart-Weilimdorf - Von wegen: Was man im Beweisfoto festgehalten hat, muss auch wahr sein. Die Bildbearbeitungsprogramme auf Computer, Tablet und Smartphone sind echte Wunderkammern – die meisten Nutzer ahnen es nur nicht. Da kommt die neue Ausstellung in den Weilemer Amtsgängen gerade recht: Der Botnanger Fotograf Wolfgang Berg hat seine Exponate praktisch mit Digitalkamera und Photoshop gemalt. Zumindest die meisten davon.

Die Lilien stehen da, wie von den Alten Meistern auf Leinwand gebannt, könnten ebenso ein in Öl gemaltes Stillleben sein. Jedoch, die Illusion ist das Ergebnis von Bildbearbeitungsfiltern. Wenn ein Programm so einfach Oberflächenstruktur und Darstellungsweise imitiert, ist das keine Kunst, werden Skeptiker sagen. Allerdings belässt es Wolfgang Berg dabei auch nicht: Er schichtet, filtert, manipuliert und verfälscht, bis vom eigentlichen Motiv nicht mehr viel übrig ist. Kurz: Er nutzt die Möglichkeiten moderner Computer-Software gerade so, wie ein Maler die Farben auf seiner Palette anmischt. Der heute in Botnang ansässige Industriedesigner hat im heimischen Krefeld ein Fotostudium an der Werkkunstschule absolviert. Es folgte die Arbeit für Werbeagenturen, Landschaftsarchitekten und Architekturbüros – und schließlich der Wechsel in die Produktfotografie für einen Konzern. Viel Raum für Fantasie lässt diese Tätigkeit nicht. Aber Berg lotet dafür aus, was in der modernen Elektronik steckt. Er erzählt von der aufwändigen Ausrüstung, die früher Teil eines jeden Fotostudio war. Heute sind Filter und Apps für jedermann erhältlich, stecken zum Teil sogar in den handelsüblichen Smartphones.

Der Ausstellungsrundgang wird da auch zum Versuch, den fotografischen Kniffen auf die Schliche zu kommen. Die „Rote Treppe“ etwa gibt es wirklich, in der Essener Zeche Zollverein, wie er erzählt. „Es gefällt mir, wie sie jetzt ins Leere läuft“, erklärt Wolfgang Berg; aus den Fenstern im Hintergrund hat er reduzierte schwarz-weiße Gitter gemacht. Bei anderen Aufnahmen hat er die Tiefenschärfe gekonnt verlagert oder den Motiven die sepiafarbene Nostalgie alter Fotografien verliehen.

Höhepunkt der fotografischen Malerei und ihrer Abstraktion ist die Serie „Licht“ in der die Primär- und Sekundärfarben um die Wette leuchten. Das zugrunde liegende Motiv sei eine Kerze und ihre dreifache Reflexion gewesen, erzählt der Fotokünstler. Davon haben sich die sieben Aufnahmen aber völlig gelöst, geblieben ist nur das Spiel mit den Farbbrechungen.

Doch nicht alles ist im Computer entstanden: „Da habe ich nicht beschissen“, sagt Wolfgang Berg gut gelaunt und zeigt ausgerechnet auf eine Arbeit, in der die Wolkenkratzer mit großer Geschwindigkeit gen Himmel wuchern. Es könnte sich auch um das vormalige World Trade Center handeln, doch tatsächlich hat der Fotograf hier Frankfurter Hochhäuser abgebildet. Wie er’s gemacht hat? Einfach Berg bei der Vernissage danach fragen und ins Fachsimpeln kommen.

Info Die Ausstellung eröffnet am Donnerstag, 23. März, 19 Uhr, im Bezirksrathaus, Löwen-Markt 1, und ist bis 21. Mai zu sehen. Geöffnet ist montags bis mittwochs, 8 bis 17 Uhr, donnerstags, 8 bis 18 Uhr und freitags, 8 bis 13 Uhr.