Kurator Hans-Joachim Kraft möchte die Arbeiten des Architekturbüros Fehling + Gogel erneut ins Bewusstsein rücken Foto: Sabine Schwieder

Eine Ausstellung in Stuttgart-Sonnenberg macht mit den Arbeiten des Büros Fehling + Gogel vertraut. Wir haben nachgefragt, was die Häuser der Berliner Architekten so besonders macht.

Sonnenberg - Die Liste ihrer Bauten ist nicht lang, doch die Architekten Hermann Fehling und Daniel Gogel haben Gebäude konzipiert, die einzigartig sind. Dieser Meinung ist jedenfalls Hans-Joachim Kraft, Architekt und Kurator der Ausstellung „Fehling + Gogel. Gebaute Landschaften“, die am Samstag, 9. September, um 19 Uhr in der Galerie Sonnenberg in den Baumschulen M. Hörmann eröffnet wird. Anhand von Fotos und Bauzeichnungen wird deutlich gemacht, wie gut das kleine, aber renommierte Architekturbüro zu den von Chen Kuen Lee gebauten Kettenhäusern am Korinnaweg passt. Und dies, obwohl sich die beiden Berliner Architekten immer vom sogenannten Organischen Bauen distanziert haben. „Sie wollten eben in keine Schublade gesteckt werden“, sagt Hans-Joachim Kraft.

Organische Architektur entstand Anfang des 20. Jahrhunderts und brachte sehr unterschiedliche Gebäude hervor. Es ging dabei mehr um eine Ideologie als um eine einheitliche Stilrichtung. Die architektonische Form sollte wie ein Organ der Bewohner ihren Zweck erfüllen. Entscheidend war dabei die Harmonie von Gebäude und Landschaft. Einer der wichtigsten Vertreter war Frank Lloyd Wright (Guggenheim-Museum, New York). In Deutschland hatte Hans Scharoun, der Erbauer der Berliner Philharmonie, großen Einfluss auf Architekten wie Fehling und Gogel.

Es sollte Spaß machen, den Aufzug nicht zu benutzen

Hermann Fehling, der Ältere des Duos, wurde 1909 in Frankreich als Sohn einer Lübecker Kaufmannsfamilie geboren. Der Berliner Daniel Gogel ist Jahrgang 1927. Der Großteil ihrer gemeinsam und mit weiteren Kollegen geplanten Gebäude steht in Berlin. Wichtigster Bauherr war die Max-Planck-Gesellschaft. Eine 2009 erarbeitete Ausstellung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung bildet die Grundlage für die Sonnenberger Ausstellung.

„Mit einem anderen, weniger offenen Bauherren wäre diese Architektur nur schwer auszuführen gewesen“, meint Hans-Joachim Kraft. Es sind vor allem das Max-Planck-Institut für Astrophysik und die Zentrale der Europäischen Südsternwarte in Garching bei München, die Mitte 1970 bis 1980 für Aufsehen sorgten. „Es sollte Spaß machen, in so einem Haus nicht den Aufzug zu benutzen“, beschreibt der Kurator die Faszination, „von außen wirkt so ein Bau geschlossen, im Innern überrascht er durch eine offene, vielfältige Architektur.“ Es sollte kommunikativ zugehen in diesen Arbeitsräumen, in denen Wissenschaftler kreativ arbeiteten.

Ein Gebäude muss den Nutzern Vergnügen bereiten

Ein in der Ausstellung gezeigter Text des Architekturkritikers Manfred Sack erzählt von der Wirkung dieser Wissenschaftsbauten auf die Menschen. Es seien „unerhört bewegte Räume, in denen man sich vom ersten Augenblick an geborgen, sogar beschwingt fühlt“, schrieb der Journalist und anerkannte Fachmann und zitierte einen Kommentar zum Thema Wendeltreppe, einem wichtigen Element im Baustil des Berliner Büros: „Det muss sich drehen, det Ding“, lautete die Devise. Die andere: „Ein Gebäude muss seinen Benutzern Spaßvergnügen machen. Sie sollen sich, indem sie darin arbeiten, zu Hause fühlen.“ Als ihren größten Befreiungsschlag empfanden die beiden Architekten das 1965 bis 1968 errichtete Wohnhaus Schatz in Baden-Baden, Herzstück der Sonnenberger Ausstellung. Der Dirigent Hilmar Schatz hatte als Musiker Sinn für diese Art der bewegten Architektur. „Dieses Haus löst sich komplett auf“, begeistert sich Kurator Kraft. Er bedauert, dass es in der Gegenwart kaum mehr Architekten vom Schlag der beiden Berliner gibt.

Gebaute Landschaften Die Ausstellung „Fehling + Gogel. Gebaute Landschaften“ in der Galerie Sonnenberg in den Baumschulen M. Hörmann, Korinnaweg 50 A, wird am Samstag, 9. September, um 19 Uhr eröffnet. Das Duo Soul Control spielt Jazz, der Architekt Gunnar Klack gibt eine Einführung. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 22. Oktober samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr.