Wenn Julia Schuler fotografiert, will sie die technischen Möglichkeiten ausreizen. Die 35-jährige Hedelfingerin ist in Birkach und Plieningen aufgewachsen, hat sich in Degerloch selbstständig gemacht und stellt nun in Sillenbuch aus.
Filder - Das Blatt eines Baumes sieht jeder. Aber sonst? Formen, Farben und Fantasie. Dahinter verbirgt sich ein Akt. „Wer es einmal gesehen hat, sieht nichts anderes mehr“, sagt Julia Schuler und fährt mit den Händen die Umrisse des nackten Frauentorsos nach. Die Fotografie aus der Serie „Blick durch die Feigenblätter“ steht quadratisch und großformatig auf einer Staffelei in einem Bürozimmer in Degerloch. An den Wänden hängen weitere Bilder. Julia Schuler hat sich hier ihren privaten Ausstellungsraum eingerichtet.
Sie hat sich nach dem Studium selbstständig gemacht
Julia Schuler arbeitet in dem Büro an der Reutlinger Straße. Zusammen mit einer Partnerin hat sich die 35-Jährige vor zehn Jahren direkt nach ihrem Studium mit einer Werbeagentur selbstständig gemacht. Für die Kunden fotografiert sie auch, allerdings dokumentarisch.
In ihrer Freizeit entstehen hingegen experimentelle, piktografische Bilder. Zu Julia Schulers Handschrift gehört, dass sie ein Foto mit einem zweiten mischt und überlagert. Entweder ist es dasselbe Motiv aus zwei unterschiedlichen Perspektiven, oder aber es sind zwei verschiedene Motive. Nach der Arbeit mit der Kamera folgt die am Computer, wo sie Details nachbearbeitet und arrangiert. Ihr geht es darum, die technischen Möglichkeiten auszureizen.
Die Fotografie ist für Julia Schuler eine Herzensangelegenheit. Dass sie ein Faible für Künstlerisches hat, habe sich schon in der Kindheit abgezeichnet, sagt sie. „Dafür war ich in Mathe eine Niete.“ Sie lacht. Sicher auch deshalb, weil sie trotzdem ihren Weg geht. Julia Schuler ist in Birkach zur Grundschule gegangen, später mit ihren Eltern nach Plieningen umgezogen und wohnt heute in Hedelfingen. Sie hat zwei Semester Kunst studiert und anschließend an der Merz-Akademie Kommunikationsdesign. Fotografieren war jeweils einer ihrer Schwerpunkte.
Alles beginnt mit der Suche nach Wandbildern
Dass sie vor einem Jahr mit dem künstlerischen Fotografieren angefangen hat, hatte eigennützige Gründe, wie sie erzählt. Sie war auf der Suche nach Bildern für ihr Wohnzimmer. „Aber ich habe nichts gefunden, wozu ich eine Verbindung hatte.“ Also hat sie selbst herumprobiert. „Es war ein Zufall, dass ich so schnell einen eigenen Stil gefunden habe“, sagt sie.
Mit diesem Stil verfremde sie die Motive zwar, aber sie seien nicht komplett abstrakt. „Ich will ein Seherlebnis schaffen“, sagt sie. Die Bilder seien dynamisch, „und man braucht kein spezielles Wissen und keine Erklärung, damit sie funktionieren“. Sie stechen einfach ins Auge. „Es ist dekorative Kunst.“ Julia Schuler weiß, dass manche darin ein Manko sehen, weil ihnen der Tiefgang fehlt.
Für sie haben die Fotografien durchaus Tiefgang. „Ich verliere mich, wenn ich an so einem Bild arbeite“, sagt sie. Ihr fallen Kleinigkeiten im Alltag auf, Dinge, die viele Menschen vielleicht gar nicht mehr wahrnehmen. Julia Schuler spricht von der Reizüberflutung, auf die ihre Bilder anspielen. Sie sucht nach dem Positiven und hält es fest. „Jede Flut an Reizen hat auch ihre guten Seiten“, sagt sie. „Ich versuche, mir positive Inseln zu schaffen.“
Dinge noch mal anschauen
Sie will sich allerdings nicht als eine Weichspülerin verstanden wissen. Sie sieht nicht immer alles rosig. Und sie sei schrecklich ungeduldig und urteile sehr schnell. „Aber man sollte lernen, sich zurückzunehmen und die Dinge noch mal genau anzuschauen.“ Dazu will sie mit ihren Fotografien anregen.
Ausstellung:
Julia Schuler zeigt ihre Fotografien am Montag, 9. Februar, 19 Uhr, unter dem Titel „let it be delicious“ im Sillenbucher Restaurant Bianco & Nero, Kirchheimer Straße 64 A. Online finden sich Beispielbilder und Infos zu Julia Schuler unter www.julia-schuler.com.