Ute Stechowsky-Göhringer haben es Zahlen angetan. „Sie haben etwas beruhigend Zweifelsfreies“, sagt die Künstlerin. Foto: Ina Schäfer

Die Galerie Inter Art in Stuttgart-Mitte fördert Kunst von nah und fern. Derzeit stellt die Stuttgarterin Ute Stechowsky-Göhringer aus. Ihre Werke vereinen Vergänglichkeit mit unveränderlichen Werten: Zahlen.

S-Mitte - Auf eine Eröffnungsrede verzichtet Ute Stechowsky-Göhringer. Stattdessen sitzt die Künstlerin mit Hanna Haller, Ulrike Höhmann und Monika Kohley an einem Tisch, auf dem diverse Instrumente ausgebreitet sind: eine Rassel etwa, eine Trommel und eine Schale mit Mais. Mit diesen teilweise außergewöhnlichen Klangkörpern eröffnet Stechowsky-Göhringer ihre Ausstellung „Wandfragmente – Verwischte Zahlen, rostige Blechle“ in der Galerie Inter Art im Bohnenviertel. Einige wenige Begrüßungsworte gibt es aber doch. Nicht von der Künstlerin zwar, dafür vom zweiten Vorsitzenden des Vereins Inter Art, der die Galerie betreibt, Klaus Bushoff. „Die Werke konfrontieren die zeitlose Form der Zahl mit Vergänglichkeit“, sagt er. Die aufgehängten Bilder sind kleinformatig und zeigen rostiges Blech, besagte Zahlen und Ornamente. An diesem Abend sind viele Kunstinteressierte in die kleine Galerie an der Rosenstraße 37 gekommen. Es wird Wein ausgeschenkt und Hefezopf gereicht. In den Räumen und Gängen schieben sich die Besucher an den Wänden vorbei.

Die Kunsttechniken von der Natur übernommen

Stechowsky-Göhringer ist 1956 in Berlin geboren, studiert hat sie an der Kunstakademie in Stuttgart. Ihr Schaffen hat sie seither in einer Vielzahl von Ausstellungen in Stuttgart und der Region gezeigt. Was sie an Rost begeistert? „Ich liebe Rost! Die abblätternden Farbreste alter Türen, verblasste Schriftzüge über einstigen Schaufenstern längst aufgegebener Tante-Emma-Läden“, sagt sie. Deshalb ereile sie von Zeit zu Zeit der Wunsch, es der Natur gleichzutun. „Verwischen, Kratzen, Ätzen, Bleichen, Schichten, Auswaschen, Übertünchen“, zählt sie die Techniken auf. Im Kontrast zur Veränderlichkeit von Material und Gegenständen stehen die in ihren Bildern wiederkehrenden Zahlen. „Zahlen haben etwas beruhigend Zweifelsfreies. Sie haben einen nachprüfbaren Wert, der ändert sich auch nicht, wenn es mal donnert oder die Sonne nicht scheint“, so die Künstlerin. Galerist Bushoff sieht in Stechowsky-Göhringers Arbeiten auch eine Zeitkritik. „Nicht brachial, aber ganz sanft klingt hier eine Kritik an unserer glatten, von Menschen erschaffenen Welt mit. Die Natur hingegen ist, wie man sieht, gefräßig und zerstörerisch“, sagt er.

Es ist die erste Ausstellung von Stechowsky-Göhringer in der Galerie Inter Art. Für den Kunstraum ist es die erste in diesem Jahr. Der Verein hat die Anzahl von elf auf neun reduziert, so sind die Bilder länger zu sehen. Nach Stechowsky-Göhringer, deren Bilder bis 21. Februar hängen, ist eine Gruppenausstellung geplant, danach unter anderem Werke aus einem Nachlass und wie in jedem Jahr eine Schau mit Arbeiten von Studierenden der Kunstakademie.

Der Verein versteht sich seit seiner Gründung im Jahr 1976 als Förderer von Künstlern, hauptsächlich regional, aber auch international. Die mehr als 250 Fördermitglieder sind entweder selbst künstlerisch tätig oder zumindest kunstinteressiert. Ein Beirat aus Mitgliedern sichtet die eingesendeten Bewerbungen und entscheidet, welchem Künstler eine Plattform im Herzen von Stuttgart gegeben wird. Auch Bushoff, der Professor an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg war und seit Jahrzehnten im Verein ist, befindet sich in dieser Auswahlkommission. Ob sich das Gremium immer gleich einig ist? „Nein!“, sagt Bushoff ohne zu zögern. Aber das gehöre dazu.