Vor 200 Jahren starb der Arzt Mesmer in Meersburg. Foto: Stadtverwaltung Meersburg

Eine Ausstellung in Meersburg zeigt Leben und Wirken des berühmten Arztes und Magnetiseurs Franz Anton Mesmer.

Meersburg - Seine Theorie war Kokolores. Aber die Heilerfolge von Franz Anton Mesmer sind unbestritten. Scharenweise eilten Patienten zwischen 1766 und 1778 in seine Praxis in Wien, später in seine Behandlungsräume nach Paris. Der Arzt arbeitete mit Magneten und schwachen elektrischen Strömen, mit Streichungen auf und über den Patienten, mit einer Art Hypnose und sphärischer Musik. In Meersburg, wo Mesmer vor 200 Jahren starb, stellt nun eine Ausstellung Leben und Werk des Mediziners vor.

Erfolgreich kurierte der Arzt vor allem Nervenleiden. Eine seiner berühmtesten Patientinnen, die blinde Pianistin Maria Theresia Paradis, galt als unheilbar krank. Doch Mesmer gelangt es, ihren Zustand erheblich zu bessern, zeitweise konnte sie sogar wieder sehen. Das alles zu einer Zeit, in der etliche Kollegen noch mit Aderlass und Schröpfköpfen agierten, während andere bereits mit rustikalen chirurgischen Methoden und elektrischer Schocktherapie experimentieren. Es war die Zeit der Aufklärung, eine Zeit des radikalen Umbruchs.

Mesmer polarisierte: Während seine Patienten ihn verehrten, warfen ihm Kollegen unlautere Methoden vor und verhöhnten seinen „animalischen Magnetismus“, wie er sein Therapiekonzept etwas unglücklich nannte.

Wer einmal in die Geschichte Mesmers eintaucht, wird so schnell nicht wieder davon losgelassen. In den oberen Räumen des „Mesmer-Hauses“, des historischen Heilig-Geist-Spitals mitten in der Altstadt von Meersburg, verbrachte der Begründer des Mesmerismus seine letzten Tage. Das Haus wurde für die Jubiläumsausstellung renoviert, ab 2016 soll das gesamte Haus zum Zentrum der Kultur werden, neu gestaltet. Bisher ist aber nur das Obergeschoss für die Ausstellung zugänglich.

Der Begrüßungsraum wirkt wie ein Paukenschlag: Im Halbdunkel ragt ein beleuchteter Bücherbaum nach oben bis in den Dachstuhl, rund 500 Bücher sind es, Originalausgaben aus Bibliotheken in aller Welt. Alle beschäftigen sich mit Mesmer. Und das Publizieren hat kein Ende. Das jüngste Werk schrieb Professor Dr. Thomas Knubben. Der Historiker, der an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg Kulturmanagement lehrt, kuratierte die Ausstellung.

Und wo er schon einmal dabei war, zweihundert Jahre Mesmerismus zu studieren, konnte er natürlich auch direkt ein weiteres Buch zum Thema verfassen. Ein Essay sei es, sagt er, der Versuch, gesicherte Kenntnisse zusammenzustellen. Knubben befindet sich in prominenter Gesellschaft: Auch literarisch wurde der Stoff vielfältig verarbeitet, in jüngerer Zeit beispielsweise von dem Philosophen Peter Sloterdijk und der Schriftstellerin Alissa Walser.

Ein eigens gedrehter Film, im zweiten von sechs „Kabinetten“ zu sehen, beschäftigt sich mit Leben und Werk Mesmers. Wenige Exponate wurden in der Ausstellung raffiniert in Szene gesetzt. Prunkstück ist das weltweit einzige erhaltene Baquet, ein geschlossener Holzzuber mit Schnüren und Eisenstäben. Eine Toninstallation versammelt die Besucher rund um das Baquet, so wie Mesmer seine Patienten um den Heilzuber gruppierte. Über Kopfhörer kann man vier verschiedenen Geschichten lauschen, es sind vertonte Patientenakten.

Hanna Kropp, künstlerische Leiterin des Architekturbüros Demirag, das auch das Humpis-Quartier in Ravensburg gestaltete, erfand ein zauberhaftes Schattenspiel. Die Figuren, einem Kupferstich von 1784 entnommen, zeigen die Essenz von Mesmers Lehre: Mond, Magnetiseur und Patienten, ein kleiner Eros tanzt dazwischen. So erkennt auch der Besucher der Ausstellung, wie Mesmer zu heilen verstand: Es war nicht das „Fluidum“, die kosmische Kraft, die er zu bündeln suchte. Sondern seine ganz persönliche Kraft, die er auf die Patienten übertrug. Ein sagenhafter Stoff – für sagenhafte Geschichten.

Ein anderer Künstler, der Mesmer in Meersburg verewigte, war der Zeitgenosse Peter Lenk. Unten am Hafen, im hellen Licht des Sommertages, steht seine „Magische Säule“. Darauf nicht nur die hässliche Wendelgard, ein adliges Fräulein mit großem Weingut, sondern auch Franz Anton Mesmer. Seine Hände mit den Magneten streckt er weit aus, hinaus auf den blauen See.