Mit einem Festakt vor dem Stadtmuseum wird die Ausstellung eröffnet. Foto: Brigitte Hess

Gastarbeiter erzählen in der Ausstellung „In der Fremde zuhaus...“ vom heimisch werden in einem anderen Land. Wir zeigen die schönsten Fotos in einer Bildergalerie.

Fellbach - Der Platz vor dem Stadtmuseum verwandelte sich am Mittwochabend in eine südländische Piazza. Ein alter Fiat 500 als Deko, Musik, landestypische Gaumenfreuden und viele Gäste machten die Eröffnung der Ausstellung „In der Fremde zuhaus...“ zu einem stimmungsvollen Ereignis. Noch lange drängten sich die Gäste im Stadtmuseum und lasen sich fest an den vielen spannend dargebotenen Lebensgeschichten – von 14 exemplarisch ausgesuchten Gastarbeitern der ersten Stunde, die in Fellbach eine neue Heimat gefunden haben. „Gastarbeiter sind praktisch, man importiert oder exportiert sie, je nach Bedarf. Was kümmern uns ihre entwurzelten Kinder!“. Dieser Satz stammt von Sigmund Kripp, Jesuitenpater und einer der Mitbegründer des Fellbacher Jugendhauses. Auch dort waren sie zu spüren, die Spannungen zwischen den Kindern aus den Fellbacher Familien und den Gruppen fremder Jugendlicher, die mit ihren Hoffnungen wahr genommen werden wollten.

In den 50er und 60er Jahren wurden Süditaliener und Griechen von der Bundesrepublik angeworben

„Heute leben in Fellbach rund 2300 Menschen italienischer und 900 griechischer Herkunft, zusammen beträgt ihr Anteil über sieben Prozent der Fellbacher Bevölkerung“, sagte die Leiterin des Fellbacher Kulturamts, Christa Linsenmaier-Wolf. In den 50er und 60er Jahren wurden zunächst Süditaliener und dann Griechen, vor allem aus dem Norden, von der Bundesrepublik angeworben. „Man dachte, sie gehen wieder nach Hause, wenn die Arbeit getan ist“, so Christa Linsenmaier-Wolf. Diese Menschen brachten aber nicht nur ihre Arbeitskraft mit, sondern bereicherten unsere Kultur, sagte die Leiterin des Stadtmuseums, Ursula Teutrine. „Dass Fellbach eine weltoffen Stadt ist, verdanken wir maßgeblich denen, die zu uns kamen und sich in unserer Gesellschaft verankerten“, sagte Christa Linsenmaier-Wolf.

In der sehenswerten Ausstellung werden nicht nur Informationen zum oft steinigen Weg dieser Verankerung gegeben. Bewegende Einzelschicksale ziehen in den Bann. „Beim Wort Heimat überkommt mich eine große Traurigkeit“, ist dort beispielsweise Francesco Santoro, der Vorsitzende des Centro Italiano, zitiert.

Junge Männer verließen die Heimat um in der Fremde ein besseres Auskommen zu finden

Meist in sehr jung verließen zunächst vorwiegend Männer ihre Familien und ihre Heimat, um in der Fremde ein besseres Auskommen zu finden. „Ich war mir über den Wechsel der Sprache nicht klar“, erinnert sich Gaetano Poggioli, der 1974 in Fellbach den Club International gründete. In Deutschland habe er sich anfangs „taub und stumm“ gefühlt, vor allem die Literatur habe ihm gefehlt. Humor und Selbstbewusstsein haben manchem den Start erleichtert: „Auf die Frage, ob ich denn deutsch könne, habe ich auf schwäbisch geantwortet“, sagt Simone Cerchia. Er stammt aus Sizilien, seine Frau ist halb deutsch, halb italienisch. Bei Familienfesten sitzen angeheiratete Deutsche, Türken und Bosnier mit am Tisch. Multikulti eben. In den Ferien, in denen sich etliche Deutsche über die Alpen wagten, habe man die Leichtigkeit der Südländer genossen, im nahen Umfeld war sie vielen nicht ganz geheuer, schilderte Christa Linsenmaier-Wolf den Zwiespalt.

14 Griechen und Italiener haben ihre Lebensgeschichte erzählt

„Völkerverbindend war das Essen“, sagte die Kulturamtsleiterin. Gelati, Pasta und Pizza bereicherten bald den heimischen Speisezettel. „Wir Deutschen sind ein bisschen italienischer und griechischer geworden, und die hier lebenden Südländer vermutlich irgendwie deutscher“, hielt Christa Linsenmaier-Wolf fest. 14 Griechen und Italiener haben Ursula Teutrine ihre Lebensgeschichte erzählt und das habe sie oft bewegt. So bewegte auch die griechische und italienische Musik von Giannis Ntisios und Rino De Masi die Besucher des kleinen Festakts.