Unter Druck: Dieter Petri, der Berater der Ausstellung, an der Presse Foto: factum/Granville

Eine Gutenberg-Presse, ein Puzzle der Luther-Rose und ein Federkiel zum Schreiben: Die Sonderausstellung im Bietigheimer Hornmoldhaus will die Reformation erlebbar machen.

Bietigheim-Bissingen - Noch liegen die 95 Thesen neben Schraubenzieher und Hammer, ein Restaurator tupft eine Truhe aus dem 16. Jahrhundert ab – möglicherweise eine so genannte Tetzel-Kiste, eine Truhe, mit der der Prediger Johann Tetzel Geld für seine Ablassbriefe gesammelt hat. Es sind die letzten Vorbereitungen für die neueste Sonderausstellung im Museum Hornmoldhaus in Bietigheim-Bissingen. „Das Projekt ist auf der Zielgeraden“, sagt die Meuseumsleiterin Regina Ille-Kopp. Der Titel: „Reformation erleben – und das meinen wir auch wörtlich“, sagt Regina Ille-Kopp.

Denn gefühlt sei es die etwa 222. Luther-Ausstellung im Luther-Jahr, da wolle man sich mit vielen interaktiven Elementen von der Masse abheben. Und das ist auch gelungen: So kann man beispielsweise mit einer nachgebauten Gutenberg-Presse eine eigene Bibel-Seite drucken, mit Schwanenfeder und Tinte auf Papier schreiben oder die Luther-Rose, sein Siegel, als kleines Holz-puzzle nachbasteln.

Keine „Leichenfledderei Luthers“

Die interaktiven Elemente sollen natürlich vor allem jüngeres Publikum anziehen, ebenso wie der übergroße Playmobil-Luther direkt neben dem Eingang. Die Exponate der Ausstellung sind dann jedoch sehr textlastig – was nicht verwunderlich ist, schließlich hat der Buchdruck die Reformation erst ermöglicht. „Wir wollten uns nicht an der Leichenfledderei Luthers beteiligen“, sagt Regina Ille-Kopp. Dementsprechend gibt es auch keine persönlichen Gegenstände des Reformators zu sehen, dafür aber seltene Bibel-Ausgaben wie beispielsweise die letzte von Martin Luther selbst redigierte Bibel aus dem Jahr 1545.

Die Leihgaben stammen beispielsweise aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg, oder dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart, man habe die zum Teil sehr wertvollen Exponate „sehr langfristig angefragt“, denn die Konkurrenz im Luther-Jahr ist, was Wunder, groß. Als theologischer Berater fungierte Dieter Petri, ehemaliger Stadtrat, Religionslehrer und Schuldekan.

Auch Sebastian Hornmold spielt eine Rolle

Die Ausstellung befasst sich auch mit der Reformation in Baden-Württemberg. Sebastian Hornmold, der Erbauer des Hauses, spielte dabei eine Rolle: Er war der erste Kirchenratsdirektor in Württemberg. „Wir wollten kein begehbares Buch schaffen“, sagt Ille-Kopp. Das Prinzip der Ausstellung sei, dass die Besucher selbst entscheiden können, wie tief sie in die Materie eintauchen wollen.

Die Wand- und Objekttexte sind dafür recht knapp gehalten, eine „Lutherbibliothek“ enthält dann weiterführende Informationen. Auch Faksimiles alter Bibeln liegen zum Nachblättern aus. Mit „einem gewissen Augenzwinkern“, so Ille-Kopp, habe man Luther-Devotionalien aus dem 19. und 20. Jahrhundert gesammelt, beispielsweise Luther-Bier oder den Kräuterlikör „Luthers Tintenklecks“. Und um mehr Sinne anzusprechen, bekommen Besucher der Führung ein Gebäck nach Renaissance-Rezept und einen Schluck Würzwein. „Den Wein gibt’s aber erst nach 17 Uhr.“