Foto: Gottfried Stoppel

In der Galerie im Helferhaus sind bis zum 14. August Bilder von Oskar Kreibich zu sehen. Ausgestellt sind auch Stücke, die das Tageslicht nur selten sehen dürfen – aus gutem Grund.

Backnang - Der Schalk blitzt aus den Augen des Porträtierten. Ein letzter Blick, gleich wird er vom Fahrstuhl verschluckt. „Ein berufsmäßiger Porträtmacher verschwindet im Paternoster der Kunstgeschichte in der Versenkung“, hat der Künstler unter dieses Bild geschrieben. Es ist ein Selbstporträt und zeigt den Backnanger Grafiker, Maler, Schriftsteller und Bildhauer Oskar Kreibich, der in diesem Monat 100 Jahre alt geworden wäre.

Die Leiterin des Graphik-Kabinetts Backnang, Celia Haller-Klinger, hat die neue Ausstellung in der Galerie im Helferhaus zusammen mit dem Heimat- und Kunstverein organisiert und findet Kreibichs Selbstbeschreibung sympathisch: „Er hat sich nicht zu ernst genommen und wusste, dass er womöglich in der Versenkung verschwinden wird.“

Tatsächlich ist manches, was der Künstler geschaffen hat, heute vergangen. An der Wand etwa hängt ein Foto eines farbigen Stuckreliefs, das einmal die Wand des Backnanger Hallenbads zierte. Das Bad ist inzwischen Geschichte.

Kreibich kam 1946 als Flüchtling

Auch an anderen Werken nagt der Zahn der Zeit. Etwa an einer Zeichnung von der Ostfront aus dem Jahr 1943: Die Tusche verblasst allmählich, darunter kommt eine Bleistiftzeichnung zum Vorschein. Besonders empfindlich ist auch die Serie von neun Lithografien aus dem Jahr 1948. Sie zeigt – typisch für Kreibich – Backnanger Stadtansichten. Doch die Blätter sind vergilbt und spröde: „Papier war damals Mangelware, es wurde mit viel Holz gestreckt“, erklärt Haller-Klingler. So eine Ausstellung sei eine Tortur für die Lithografien. „Meist lassen wir die Werke daher im Grafikschrank.“ Doch der bevorstehende 100. Geburtstag des Künstlers war Anlass genug, sie wieder Backnanger Luft atmen zu lassen.

Kreibich war der Stadt eng verbunden, seit er 1946 als Flüchtling hergezogen war. Schon in den Auffangbaracken begann er, andere Geflohene zu porträtieren. Eines dieser Gemälde führte bei der Ausstellung zu einer echten Überraschung: Eine Besucherin erkannte in der Dame mit Spinnrad ihre Oma wieder.

Vielseitig, aber nicht stillos

Manche der Bilder sind der Öffentlichkeit bekannt. Das Ölgemälde, das ein Backnanger Straßenfest in den 1970er-Jahren zeigt, hing beispielsweise 15 Jahre lang im Zimmer des Oberbürgermeisters. Eher unbekannt ist dagegen eine Grafik von 1934, welche die Prager Synagoge zeigt. Kreibich fertigte sie als frisch gebackener Student an. „Sie ist noch nicht so ausgearbeitet wie ein späterer Kreibich“, sagt Haller-Klingler. Doch schon das „Armenlager“ gegenüber zeige einiges von der späteren Handschrift des Künstlers – so weit sich das sagen lässt. Denn Kreibich war ein äußerst wandelbarer Tausendsassa. Nicht nur, dass er Bücher geschrieben und Skulpturen gefertigt hat, auch seine Malerei war vielfältig. „Es fällt oft schwer, einen Kreibich als Kreibich zu erkennen“, sagt Haller-Klingler. Das hänge damit zusammen, dass sich der Künstler immer ausprobiert habe: „Eigentlich war er Grafiker. Alles andere hat er sich autodidaktisch beigebracht.“

Mal – etwa beim Porträt seiner jungen Frau – malte er altmeisterliche Ölschinken, dann fertigte er wieder fast reportageartige Zeichnungen und Grafiken an, die zum Beispiel den Strümpfelbacher Bildhauer Fritz Nuss zeigen. Sein Porträt der Tänzerin Birgit Feil geht schon in Richtung Pop-Art, im Erdgeschoss der Galerie hängen fast kubistische Werke. Das, sagt Haller-Klingler, sei aber kein Zeichen mangelnder Qualität: „Oskar Kreibich nahm sich selbst zurück und stellte die Persönlichkeit eines Porträtierten in den Vordergrund.“

Künstler

Oskar Kreibich wurde 1916 in Böhmen geboren. Er studierte unter anderem Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in Prag. Im Zweiten Weltkrieg geriet er in Gefangenschaft, 1946 kam er nach Backnang. Bekannt wurde er vor allem mit Stadtansichten und Porträts – Bilder einfacher Leute, aber auch von Prominenten wie Theodor Heuss oder Günther Grass. Kreibich verfasste auch Bücher und schuf als Bildhauer unter anderem das Gerbersymbol und den Brunnen am Obstmarkt in Backnang. 1979 erhielt er das Bundesverdienstkreuz, fünf Jahre vor seinem Tod.

Ausstellung
Kreibichs Bilder sind bis zum 14. August in der Galerie im Helferhaus zu sehen, der Eintritt ist frei.