Claudia Ebert (Skulpturen) und Andrea Himmer haben sich mit dem Thema Engel auseinander gesetzt. Foto:  

Die Künstlerin Andrea Himmer und Claudia Ebert Malerei haben sich mit dem Thema Engel auseinandergesetzt. Ihre Werke sind im Stuttgarter Marienhospital zu sehen.

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Es ist, als ob er tanzen würde. Doch was auf den ersten Blick wie eine lange Stola wirkt, die in einer Drehung durch die Luft fließt, entpuppt sich auf den zweiten als Flügel – weit, ausgreifend, als ob die ganze Welt darunter Schutz finden könnte. Der Fittich gehört zu einem der Gottesboten, die Claudia Ebert in Keramik und Ton geformt hat. Zu sehen sind sie in der Ausstellung „Engel“, die derzeit im Erdgeschoss des Marienhospitals gezeigt wird: Skulpturen von Claudia Ebert und Malerei von Andrea Himmer. Ein Kontrast, der größer nicht sein könnte.

Während Ebert von der Form her kommt, ihre Engel vor allem in Weiß gestaltet, nur mit kleinen Goldsprenkeln verbrämt, um Lichterglanz darzustellen, badet Himmer regelrecht in einem Farbenmeer. Ihre Abgesandten des Himmels, die sich in allen drei Lehren der monotheistischen Weltreligionen wiederfinden, schwelgen mal in Komplementärkontrasten gelb-blau, dann wieder im sonnigen Spektrum der orange-rote Nuancen oder in kühlerem blau-grün. Bei ihr gibt die Acrylfarbe die Form an: Mit geometrischen Flächen setzt sie in wenigen, reduzierten Linien das Wesentliche auf die Leinwände, jeweils beschrieben mit einem Satz. Da gibt es den liegenden „Engel, der mich ruhig schlafen lässt“. Dann wieder eine voranschreitende Figur, übertitelt mit „Der Engel in mir lässt mich aufbrechen und Neues entdecken“. Oder auch den „Engel, der mich anhalten lässt“.

Leben, lieben, trauern, Abschied nehmen

Das Thema sei neu für sie gewesen für sie, beschreibt die Stuttgarterin, die von 1998 bis 2008 an der Kunstschule Bell`Arte bei Claudine von Münster lernte. Claudia Ebert wiederum erklärt, dass Engel sie auf ihrem Weg begleiteten, immer mehr Mensch zu werden. Dazu gehöre leben, lieben, trauern, Abschied nehmen, staunen, Neues wagen, suchen und gefunden werden. „In all dem sagt der Engel: Fürchte dich nicht – du bist nicht alleine – ich bin mit dir auf dem Weg.“ Und so lässt sie ein Kinderpaar – es umarmt sich so eng, dass es fast zu einer Figur zu verschmelzen scheint – von vielen dieser geflügelten Kreaturen umrunden, während auf einem anderen Sockel vier Abgesandte gemeinsam einen Reigen aufzuführen scheinen. Ebert arbeitet figurativ, aber in reduzierter, symbolischer Formensprache.

Kontroversen über die Wesensart der Engel

Schon in den grundlegenden Texten des Judentums, dem Tanach, der vor rund 3500 Jahren entstand, kommen Engel vor. Die hebräische Bibel ist das erste schriftliche Zeugnis, das vom Wirken dieser Geistwesen berichtet. Danach tauchten sie auch im Islam und im Christentum auf. Albrecht Dürer ließ Engel als Zeichen bei der Apokalypse auftreten. Ebenfalls in der frühen Neuzeit änderte der italienische Künstler Raffael den Blickwinkel und machte aus den Engeln niedliche pausbäckige Kindlein. Schon zuvor hatte es Kontroversen über die Wesensart, damit die Darstellung von Engeln geben. So sinnierten Gelehrte wie Thomas von Aquin, Augustinus und Bonaventura über der Frage des Wie und Warum. Aquin, seines Zeichens Dominikaner, einflussreicher Philosoph und Theologe, argumentierte sogar, dass Engel keinen Körper besitzen müssten.

Derlei tun sie bei Himmer und Ebert wohl. Aber indem sie auf unterschiedliche Art deren Körper stufenweise abstrahieren, wird das Flüchtige, das Nichtfestlegbare, damit das Potenzial des Staunens über diese Wesen deutlich.