Tomas Eller lässt sich von der Naturwissenschaft inspirieren. Davon erzählt eine Reihe von Werken, die zurzeit im Ludwigsburger Kunstverein gezeigt wird. Foto: factum/Bach

Mathematik und Astrophysik haben es Tomas Eller angetan. Den „Reverenzkarneval“ der Kunstszene verachtet er. Der normal-reale Wahnsinn sei ihm näher, sagt er. Wohin das führt, kann man bis Februar 2017 im Ludwigsburger Kunstverein sehen.

Ludwigsburg - Mathematik und Astrophysik haben es Tomas Eller angetan. „Ich bin Mitglied der Akademie der Wissenschaften“, erklärt der Künstler stolz und macht keinen Hehl aus seiner Verachtung für das, was er den „Reverenzkarneval“ der Kunstszene nennt. „Mir ist der normal-reale Wahnsinn näher“, sagt er. Zu welchen künstlerischen Statements diese Haltung führt, kann ist jetzt beim Ludwigsburger Kunstverein zu sehen.

Kartografie der Planeten

Der Ausstellungsraum im Kulturhaus MIK an der Eberhardstraße wirkt streng gegliedert. Auf zwei gegenüber liegenden Wänden reihen sich Bilder – auf den ersten Blick scheinen es naturwissenschaftliche Fotos zu sein. Was der Wahrheit zumindest sehr nahe kommt. Die Vorlagen für die Serie auf der einen Seite habe er von der Nasa zur Verfügung gestellt bekommen, sagt Eller, für die auf der anderen habe er eigene Fotos benutzt. Unter dem Titel „Hot is just a relative term“ geht es entweder um das, was die vulkanische Hitze im Erdinneren mit dem Mineralischen angestellt hat – in bis zu 50 000-facher Vergrößerung zu sehen – oder um das, was weit entfernte Planeten von sich verraten.

Eller nennt es „eine Kartografie von allem, was der Mensch bisher per Satellit an Himmelskörpern gesehen hat“. Allerdings hat er viel nachgearbeitet. Die eigenen als auch die Nasa-Fotos hat Eller in einem von ihm entwickelten Tiefdruckverfahren in eine Art Relief verwandelt. „Ich habe diese Muster eingraviert“, sagt der Künstler. Zu sehen sind denn auch vor allem aufregende Strukturen aus dem Mikro- oder dem Makrokosmos. „Von allem, was der Mensch gesehen hat, mache ich das Bild, das am dichtesten herankommt“, sagt der 1975 in Meran geborene und heute in Wien lebende Künstler. Das heißt, er hat per Vergrößerung nachjustiert und die vorhandenen Konturen nachbearbeitet, so dass alle Feinstrukturen und sich wiederholende Muster sehr deutlich hervortreten.

„Fliegenfischer“ haben ein Netz ausgeworfen

Weniger von der Naturwissenschaft als von der Medizin lässt sich die Ludwigsburger Künstlerin Nina Joanna Bergold inspirieren. Unter dem Titel „Fliegenfischer“ versammelt sie im Gewölbekeller des MIK – in der sogenannten Salonausstellung – aus Teichfolie geschnittene und gestanzte Installationen. Nachdem sie lange Zeit mit Holz- oder Linolschnitt gearbeitet habe, sei ihr das „zu flach“ geworden, sagt Bergold, die erst in diesem November ihren Abschluss an der Stuttgarter Kunstakademie gemacht hat: „Ich wollte in den Raum hineingehen. Mir geht es um Linien, die in den Raum gezogen werden.“

Das ist ihr mit den Folien gelungen. Aber das Material führe ein Eigenleben, es pendele sich aus, sagt sie. Darum sei für sie der Prozess noch lange nicht abgeschlossen. In dem Werk, das der Ausstellung den Namen gab, ist das Wechselspiel zwischen den Betrachtern und den dargestellten Figuren auf die Spitze getrieben. Die „Fliegenfischer“ haben ihr Netz ausgeworfen.