Für ihre Arbeit „Flüchtige Begegnung“ hat Kristin Maria Hachenberg auf der Biennale in Venedig und auf einer Karlsruher Kunstmesse unter den Stellwänden hindurch die Beine der Besucher fotografiert. Foto: Susanne Müller-Baji

In den Fotoarbeiten von Kristin Maria Hachenberg ist fast nichts so, wie es scheint. Von Donnerstag an sind einige ihrer Werke im Bezirksrathaus Weilimdorf zu sehen.

Weilimdorf - Was erst einmal im Foto festhalten ist, ist beweisbar und greifbar und real. Wirklich? Die neue Ausstellung im Weilimdorfer Bezirksrathaus straft diese Annahme Lügen: Hier gibt es montierte Spiegelungen und echte Reflexionen, Schatten und Schemen – und fast nichts ist so, wie es scheint. Fotokünstlerin Kristin Maria Hachenberg und ihre Beobachtungsgabe machen es möglich.

Was sieht man, wenn man aus dem Fenster sieht? Die Antwort ist gar nicht so eindeutig: Dämmert es draußen schon, dann erblickt man auch sein eigenes Spiegelbild und die des Raumes sowie Reflexionen von etwaigen anderen Fenstern hinter einem. Und alles überlagert das, was man draußen eigentlich zu sehen gehofft hatte. Ein Teil der Fotoarbeiten, die Kristin Maria Hachenberg nun unter der Überschrift „Real – Surreal“ in den Weilemer Amtsfluren präsentiert, basiert auf diesem Prinzip und die Ausstellungsbesucher müssen schon ganz genau hinschauen, um den unterschiedlichen bildnerischen Ebenen auf die Schliche zu kommen.

Surreales Bildergebnis

Sofern das überhaupt noch möglich ist, denn der Wahl-Feuerbacherin mit Zweitwohnsitz in Berlin geht es weniger um die optische Täuschung, als darum, ein möglichst surreales Bildergebnis zu erschaffen: „Das weiß ich gar nicht mehr genau, wie das genau war“, sagt sie ein ums andere Mal und meint eigentlich: Es ist nicht wichtig. Wo nötig, hat sie sich freilich die künstlerische Freiheit genommen und Linien verstärkt oder Farbakzente gesetzt. Einige Aufnahmen werden vertikal gespiegelt. Gemessen an den unendlichen Möglichkeiten der Fotobearbeitungsprogramme, nutzt Hachenberg aber nur einen winzigen Teil. So mysteriös einige der Aufnahmen daher kommen, aufwändige Bildmontagen sind nicht die Ursache.

Die Arbeit auf der Einladungskarte, „Auf der Suche“, sei sogar gänzlich unverändert, erzählt die Fotokünstlerin. Darauf eine menschliche Silhouette, vielfach durch andere Ebenen überlagert. Die Szene sei ein Zufallsprodukt, das lediglich durch mehrere Glastüren hindurch fotografiert wurde. Ein wenig wird dabei Kristin Maria Hachenbergs beruflicher Hintergrund spürbar: Sie hat Architektur studiert und war später auch im Bereich Architektur und Städtebau tätig. Berufsbegleitend hat sie sich die künstlerische Fotografie angeeignet; das urbane Umfeld ist bis heute sichtlich ihr bevorzugter Spielplatz.

Auf die Motive der drei Banner „Flüchtige Begegnung“, die nun auf der Haupt-Ausstellungswand zu sehen ist, musste Hachenberg nur geduldig warten: Auf der Biennale in Venedig und auf einer Karlsruher Kunstmesse hat sie unter den Stellwänden hindurch die Beine der Besucher fotografiert. Der Rest ist gespiegelt und montiert. Andere Arbeiten in der Weilimdorfer Werkschau kommen sogar ganz ohne technische Spielereien aus: Gestapelte Bücher und die Überreste zweier Turnschuhe auf einem Sofa. Rätselhafte Werbehinweise. Und die Natur, die sich im ungewöhnlichen Kontext doch immer einen Weg bahnt. Real ist dies nun doch – und vor allem richtig gut beobachtet.

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