Zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Soldaten marschieren über den Bismarckplatz zur damals nahe gelegenen Moltkekaserne (oben). Nach dem Zweiten Weltkrieg: Frauen kaufen auf dem Markt am Bismarckplatz ein. Foto: Stadtarchiv Stuttgart

Die Initiative Stadtraum West plant eine Ausstellung mit historischem Bildmaterial aus Stuttgart-West und sucht noch Fotos. Dieser Ausflug in die Vergangenheit soll auch dabei helfen neue Ideen für den Stadtteil zu entdecken.

S-West - Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Bismarckplatz eine großzügige Fläche, durchgehend gepflastert, von Bäumchen gesäumt und quasi gleichberechtigt von Schwab-, Vogelsang- und Elisabethenstraße durchkreuzt. Heute sind Vogelsang- und Elisabethenstraße gekappt. Geblieben ist – leicht zugespitzt formuliert – eine dominante Schwabstraße, die den Platz zerteilt in zwei Verkehrsinseln zerteilt, in eine mit mehr und eine mit weniger Sitzgelegenheiten. Alte Ansichten öffentlicher Plätze geben den Betrachtern nicht bloß eine Vorstellung davon, wie der Raum früher einmal geordnet war. Sie zeigen auch eine andere Interpretation des Ortes auf, andere Möglichkeiten, einen Platz zu organisieren. Kurzum: alte Postkarten können bei der Neugestaltung von Plätzen Denkanstöße geben.

Historische Fotos können hilfreich für neue Ideen sein

Das war einer der Gründe, weshalb sich Christine und Eckhard Ernst daran machten, historische Fotos vom Stuttgarter Westen zu sichten und zu sammeln. Das Ehepaar engagiert sich in der „Initiative Stadtraum West“, einer Gruppe aus Architekten und Stadtplanern, die sich mit Sanierungsgebiet Stuttgart 28 befasst, insbesondere mit der Neugestaltung des Bismarckplatzes und der Gegend rund um die Elisabethenanlage als Mitte des Westens. Gemeinsam mit dem Stuttgarter Stadtarchiv plant die Initiative eine Ausstellung mit historischen Fotos aus dem Stuttgarter Westen.

„Vor der Neugestaltung zentraler Flächen, wie etwa dem Bismarckplatz, wollen wir anhand von historischen Fotografien einen Blick in den öffentlichen Raum der Gründerzeit und der Folgejahre werfen“, erklärt der Diplomingenieur und Planer Eckhard Ernst. „Eine Reihe interessanter, teilweise meines Wissens nach unveröffentlichter Fotos haben wir bereits im Stadtarchiv und anderen Quellen recherchiert.“ Im vergangenen Sommer hatte wir die Initiative im Anschluss an einen Stadtspaziergang im Sanierungsgebiet im Westquartier getagt und zur Dekoration eine alte Fotos aufgehängt. „Dabei hat sich gezeigt, dass die historischen Aufnahmen auf sehr großes Interesse der Westler gestoßen sind, was uns veranlasst hat, das Thema zu vertiefen.“ Die Idee zur Ausstellung entstand.

Die Geschichte aufleben lassen um Neues zu schaffen

Da es im Westen keinen Verein gebe, der die lokale Geschichte aufforste, könne die Präsentation der historischen Bilddokumente „auch ein kleiner Beitrag dazu sein, das Geschichtsbewusstsein und auch das Geschichtsbedürfnis der Bewohner zu befördern“, hofft Ernst. Zugleich lieferten die alten Bilder mitunter neue Anregungen für laufende Debatten. Dabei gehe es ihnen keinesfalls um eine historisierende Rekonstruktion, betont Christine Ernst. Aber beispielsweise wäre ein durchgängiger Belag auf dem Bismarckplatz, wie die einstige Kopfsteinpflasterung, auch heute eine gute Option. Auch die Idee, dass Fußgänger und Fuhrwerke, wie weiland üblich, die Straße gleichberechtigt nutzen, ließe sich stellenweise recyceln. „Shared-Space“ heißt diese Art der Straßennutzung zu Neudeutsch.

Auf den alten Aufnahmen wirken die Straßen und Plätzen immer schön übersichtlich und aufgeräumt – was auch daran liegt, dass die Straßenränder nicht mit Autos zugestellt sind.