Die ehemaligen Praxisräume in der Landhausstraße 166 werden für einige Tage zur Kunstgalerie. Foto: Jürgen Brand

Die Künstlergruppe Tränenbrot zeigt in einer ehemaligen Arztpraxis ihre Jubiläumsausstellung zum zehnjährigen Bestehen. Entstanden ist die Gruppe im ICE von Kassel nach Stuttgart.

S-Ost - Der Ostendplatz verändert gerade sein Gesicht. Das markante Eck-Gebäude zwischen Landhaus- und Haußmannstraße auf der Gaskessel-Seite wird komplett umgebaut, und viele Ost-Einwohner sind gespannt, wie das Erdgeschoss zum Platz hin künftig genutzt wird. Direkt gegenüber auf der anderen Platzseite tut sich in dem Gebäude Landhausstraße 166 etwas. Dort war lange Zeit eine große Arztpraxis. Voraussichtlich von Mai an wird auch dort umgebaut. Bis dahin zieht aber erst einmal Kunst ein.

Passend zur bisherigen Nutzung hängt schon seit einiger Zeit ein Banner mit dem Aufdruck „Praxis“ über der Eingangstür. Nur wer genauer hinschaut, entdeckt, dass es sich dabei nicht etwa um ein Überbleibsel des bisherigen Mieters handelt, sondern um den Hinweise auf eine Kunstausstellung mit eben diesem Titel, die am Freitag, 21. April, eröffnet wird.

Initiatoren der künstlerischen Zwischennutzung sind die Mitglieder der Gruppe Tränenbrot. Entstanden ist die Gruppe vor genau zehn Jahren im ICE auf der Rückfahrt von der damaligen Documenta in Kassel nach Stuttgart. Schon auf der Hinfahrt und in Kassel hatten sich die fünf heutigen Tränenbrot-Künstler unterhalten und Ideen gesponnen. „Man kannte sich, ohne befreundet zu sein“, sagt Julia Schubart von Tränenbrot. Die Mitglieder der Gruppe kommen aus unterschiedlichen Bereichen wie Architektur, Informationstechnologie oder Literaturwissenschaft, arbeiten in diesen Berufen, sind kunstbegeistert und wurden irgendwann selbst Kunstschaffende. Schubart: „Wir haben es nicht gelernt. Aber das ist auch eine Chance, anders als wie etwa an der Kunstakademie an die Werke heranzugehen.“

Aus der ersten Schnapsidee in Kassel entwickelten Michael Berghold, Hartmut Hörmann, Matthias Klein, Ralf Ruh und Julia Schubart auf der Rückfahrt Tränenbrot mit großer Ernsthaftigkeit, gaben sich den Untertitel „Stuttgarter Aufbruch“ und haben sich seitdem schon in fünf Ausstellungen – zuletzt 2014 in der ehemaligen Mercedes-Niederlassung an der Türlenstraße – der Öffentlichkeit präsentiert.

Mit dem Stuttgarter Osten ist die Gruppe eng verbunden: Einige Jahre lang hatte sie ihr Atelier an der Schwarenberg-straße, wo auch eine der bisherigen Ausstellungen gezeigt wurde (2012); 2013 beteiligte sich Tränenbrot an einer Ausstellung in der Galerie ZeroArts an der Ostendstraße. Zu der jetzigen Ausstellungsmöglichkeit kam die Gruppe über einen der beiden Architekten in ihren Reihen, der für den Bau- und Wohnungsverein mit Sitz an der Schwarenbergstraße arbeitet. Das Gebäude Landhausstraße 166 gehört dem im Stadtbezirk verwurzelten Wohnungsunternehmen, das das Ausstellungsprojekt auch engagiert unterstützt.

Dank der vergleichsweise großen Ausstellungsfläche in vielen Zimmern und Fluren auf drei Etagen vom Keller bis zum ersten Obergeschoss konnten die Tränenbrot-Mitglieder zu ihrer Jubiläumsausstellung auch befreundete „Profi-Künstler“ einladen. Mit eigenen Werken vertreten sein werden die Malerinnen Anke Hoffmann und Tajana Marcinko von der Ateliergemeinschaft Pica-Pica an der Breitscheidstraße, Uta Schock, der Medienkünstler Oliver Herrmann von der Ateliergemeinschaft Atelier Stuttgart an der Traubenstraße und – bei der Finissage am 5. Mai – die Video- und Performancekünstlerin Gabrielle Zimmermann.

Von Freitagabend an wird am Ostendplatz ein vielfältiges Kunstspektrum von Malerei, Skulpturen, Installationen, Video und Performance zu sehen und zu erleben sein. „Wir freuen uns, wenn wir ein paar Menschen gewinnen, die vielleicht sonst nicht in Ausstellungen gehen“, sagt Julia Schubart, die selbst unter anderem Skulpturen und ein experimentelles 3-D-Comic zeigen wird. Die Vernissage am Freitag beginnt um 20 Uhr. Danach ist die Ausstellung am 23. und 30. April jeweils von 15 bis 18 Uhr sowie auf Anfrage geöffnet. Die Finissage am 6. Mai beginnt um 19 Uhr.