Beim türkisch-kurdischen Konflikt auf Stuttgarts Straßen wurde am Sonntag auch eine Unbeteiligte zum Opfer Foto: Lichtgut

Die Auseinandersetzung zwischen türkischen Demonstranten und kurdischen Angreifern am 27. September forderte nicht nur verletzte Polizisten. Unsere Zeitung erfuhr: Auch eine unbeteiligte Passantin wurde Opfer – und fühlte sich alleingelassen.

Stuttgart - Bei der Auseinandersetzung zwischen türkischen Demonstranten und kurdischen Gegnern am Wochenende in der Innenstadt sind nicht nur Polizisten verletzt worden, sondern auch unbeteiligte Passanten. Wie unsere Zeitung erfuhr, musste eine 58-Jährige mit einem Rippenbruch ins Krankenhaus gebracht werden. Von den Tätern fehlt noch jede Spur.

„Als Sonntagsbummler wiegte ich mich im oberen Teil der Königstraße in Sicherheit“, sagt die Berufsschullehrerin aus Leinfelden-Echterdingen, „das hat sich als gewaltiger Irrtum erwiesen.“ Die Frau war am Nachmittag im Bereich der Büchsenstraße unterwegs, als plötzlich etwa zehn junge Männer um die Hausecke gerannt kamen – verfolgt von einer Gruppe Polizisten. Die 58-Jährige wurde von einem kräftigen jungen Mann umgerannt, stürzte rücklings auf eine eiserne Baum-Einfassung und brach sich eine Rippe.

Die flüchtende Gruppe, offenbar Angreifer auf die 400 Teilnehmer des türkischen Demonstrationszuges, rannte Richtung Bahnhof weiter, die Polizisten hinterher, ohne die Verletzte zu beachten. Begleiter und Passanten kümmerten sich um die Verletzte, die nach eigener Aussage lange auf einen Rettungswagen warten musste. Offenbar war die Zufahrt erschwert, außerdem hätten die Sanitäter – unter anderem wegen des Volksfests – alle Hände voll zu tun gehabt, berichtet die 58-Jährige. „Da hat man dann das Gefühl, dass man hier alleine zurück bleibt“, sagt sie. Etwa nach einer Stunde sei sie in eine Klinik gebracht worden.

Im offiziellen Polizeibericht ist von vier teils erheblich verletzten Beamten die Rede, die am Sonntag die türkischen und kurdischen Gruppen zu trennen versuchten und von fliegenden Steinen und Flaschen getroffen wurden. Ein Bekannter der Frau hat an Ort und Stelle bei einem Polizisten Anzeige wegen Körperverletzung gegen Unbekannt erstattet. „Tatverdächtige konnten bisher nicht ermittelt werden“, sagt Polizeisprecher Olef Petersen.

Als Geschädigte und Zeugin ist die 58-Jährige noch nicht gehört worden. Die Berufsschullehrerin ist nun mindestens zwei Wochen krankgeschrieben – die Fraktur der Rippe wird freilich weitaus länger schmerzen. Schmerzhaft ist für sie aber auch die Erkenntnis, dass man als Bürger im Zweifel nicht geschützt ist: „Wie viele Unbeteiligte müssen noch verletzt werden, damit solche Demonstrationen verboten werden?“