Libyen ist für viele seine Einwohner kein Aufenthalt mehr wert. Sie gehen lieber nach Tunesien - dort geht es ihnen besser. Foto: dpa

Tunesier fühlen sich an die Zeit des Aufstands gegen Diktator Gaddafi in Libyen erinnert. Denn wieder wollen täglich Tausende Menschen der Gewalt im Nachbarland über die Grenze entfliehen.  

Tunesier fühlen sich an die Zeit des Aufstands gegen Diktator Gaddafi in Libyen erinnert. Denn wieder wollen täglich Tausende Menschen der Gewalt im Nachbarland über die Grenze entfliehen.

Tripolis - Nach den ausländischen Diplomaten verlassen nun auch tausende Einheimische das nordafrikanische Krisenland Libyen. Wegen der eskalierenden Kämpfe verfeindeter Milizen in der Hauptstadt Tripolis überquerten nach Angaben der tunesischen Nachrichtenagentur TAP vom Dienstag allein am Vortag 6000 Menschen die Grenze. Auch viele in Libyen stationierte ausländische Diplomaten waren zuvor nach Tunesien ausgereist. In Tripolis sollten Löschflugzeuge derweil einen Großbrand bekämpfen.

Tunesische Medien zogen Vergleiche zur Massenflucht der Libyer während des bewaffneten Aufstands gegen Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011. Dem Innenministerium in Tunis zufolge leben derzeit 1,5 Millionen Libyer in dem Land mit etwa zehn Millionen Einwohnern - die meisten kamen vor drei Jahren. Begonnen hatte die aktuelle Massenflucht mit der Evakuierung der US-Botschaft aus Libyen in der Nacht zum Samstag.

Deutschland und viele andere Länder folgten diesem Beispiel und zogen ihre Diplomaten ab. Frankreich bereitete die Ausreise der weniger als 100 Franzosen aus Libyen vor. Sie sollten mit einem Schiff die Hauptstadt Tripolis verlassen.

Milizen werden aufgefordert, ihre Schusswechsel sofort einzustellen

Derweil bekam die libysche Übergangsregierung Hilfe aus Italien, um gegen einen Großbrand in einem Benzin- und Gasdepot in Tripolis vorzugehen. Die Regierung teilte auf ihrer Internetseite mit, dass in Zusammenarbeit mit der italienischen Regierung und dem italienischen Ölkonzern Eni sieben Löschflugzeuge eingesetzt wurden, um die Feuerwehr vor Ort zu unterstützen. Zugleich wurden in der Umgebung kämpfende Milizen aufgefordert, ihre Schusswechsel sofort einzustellen.

Der Brand brach aus, nachdem bei Gefechten rivalisierender Gruppen in der Nacht zum Montag eine Rakete in das Depot des Brega Öl- und Gasunternehmens eingeschlagen war. Am Dienstag folgte ein weiteres Geschoss. Anwohner innerhalb eines Radius von fünf Kilometern wurden aus Sorge vor gigantischen Explosionen aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Insgesamt sollen in der Anlage 90 Millionen Liter Benzin gelagert sein. Seit die Kämpfe vor zwei Wochen zwischen Milizen aus Al-Sintan und Misrata begannen, wurden laut lokalen Medien in der Hauptstadt etwa hundert Menschen getötet und mehr als 400 verletzt. Die bewaffneten Gruppen hatten einst als Revolutionsbrigaden den Aufstand gegen Gaddafi angeführt und kämpfen nun für eigene Interessen.

In der östlichen Hafenstadt Bengasi, wo der pensionierte Generalmajor Chalifa Haftar mit Hilfe abtrünniger Soldaten eigenmächtig gegen islamistische Milizen vorgeht, stürzte laut Nachrichtensender Al-Arabija ein Militärflugzeug ab. Die libysche Zeitung „Al-Wasat“ berichtete unter Berufung auf einen Sprecher von Haftars Militäroperation „Würde“, dass die Maschine aufgrund eines technischen Defekts abgestürzt sei. Der Pilot habe sich mit dem Schleudersitz retten und das Flugzeug in die Richtung eines unbewohnte Gebietes steuern können, hieß es.