Der Berliner Künstler Jim Avignon und der Zuffenhäuser Gärtner Patrick Staehle haben Flüchtlingskindern in der Unterkunft Zazenhäuser Straße Ausmalbücher geschenkt – als Auftakt einer Aktion für ganz Stuttgart.
Zuffenhausen - Für Patrick Staehle war es einfach „ein schöner Zufall“. Man könnte aber auch sagen, dass er zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Jedenfalls mit Blick auf die Flüchtlingskinder in der Unterkunft in der Zazenhäuser Straße. Und darüber hinaus. Staehle, der in der Ludwigsburger Straße eine Gärtnerei betreibt, war just zu dem Zeitpunkt im Atelier des Berliner Musikers, Pop- und Street Art-Künstlers Jim Avignon, als „der schnellste Maler der Welt“ gerade in der Fortsetzung eines erfolgreichen Projektes für Flüchtlingskinder in Berlin steckte. Staehle war begeistert und hat sich gedacht: „Was in Berlin geht, das müsste doch auch in Stuttgart gehen!“
1500 Ausmalbücher hat Jim Avignon drucken lassen
In Berlin hatte Jim Avignon mit Kindern Trennwände in einer Halle bemalt, in der Flüchtlinge untergebracht sind: „Die Kinder hatten so großen Spaß daran, und ich dachte, es müsste ein Leichtes sein, zur Freude der Kinder ein Ausmalbuch zu machen“, erzählt Avignon nun in der Zazenhäuser Straße. Im Handumdrehen hatte er in seinem Berliner Bekanntenkreis drei Dutzend Künstler, Grafiker und Illustratoren zusammen, die alle honorarfrei Beiträge lieferten. So ergab sich ein schönes Heft mit 48 Blättern. 1500 Stück ließ Jim Avignon drucken, 200 konnte er für zehn Euro pro Stück verkaufen und damit die Druckkosten refinanzieren. Längst ist die ganze Auflage in den Händen von Flüchtlingskindern.
Genau in der Art soll es nun auch in Stuttgart gehen: „Wir wollen 1300 Stück an Flüchtlingskinder verschenken, und ich hoffe, dass ich 200 Hefte frei verkaufen kann“, erklärt Initiator Patrick Staehle, der als Helfer die „Flüchtlingsfreunde Zazenhäuserstraße“ mit im Boot hat. Sie helfen beim Netzwerken mit den anderen Unterkünften im Stadtgebiet – und haben schon starke Resonanz, die sich bereits in den Bestellungen niederschlägt: 20 vom Hallschlag, 21 aus Botnang, 150 jeweils von der Waldau und aus Degerloch, 250 von der Unterkunft im Bürgerhospital. „Es geht gut los“, stellt Alexander Mak vom Freundeskreis fest, der zusammen mit Bianca Dangel den Start der Verteilaktion in Zuffenhausen unterstützt.
Dangel ist durch die Unterkunft gegangen, hat Eltern und Kindern Bescheid gesagt. Als es los geht, sind 22 Kinder im Gemeinschaftsraum und drängen sich um Jim Avignon. Kaum hat jedes Kind sein Exemplar, geht an den Tischen das Ausmalen mit Buntstiften los. Leon etwa, sieben Jahre alt, hat dem Fuchs einen grünen Schwanz gemalt, der elfjährige Khaled die Blüten des Baumes akkurat farbig gestaltet. Er strahlt, wenn er zeigt, mit welcher Farbenpracht die Vögel auf seinem Blatt durch den Himmel schweben. Mohamad wiederum, der den Wald mit Tieren bevölkert, will seinen Namen unbedingt selbst auf den Block schreiben. Schließlich hat der Siebenjährige eben mit dem Schreibenlernen begonnen. Doch während er seinen Namen in Großbuchstaben aufs Papier prägt, greift Mustafa etwas gedankenlos nach Mohamads Buch, rückt zur Seite und fängt an, eine Fläche mit Orange einzudecken.
Mohamad fragt: „Wo ist mein Buch?“
„Wo ist mein Buch?“ ruft Mohamad aufgeregt, und als er sieht, was passiert ist, hat Mustafa sofort eine Rauferei am Hals. Wo ist mein Buch? „Das sagt doch viel“, findet Jim Avignon, als die Szene befriedet ist, „die Kinder haben wieder etwas eigenes und sind stolz darauf. Mit gefällt die Freude, die sie beim Malen haben. Zudem ist das Buch für jedes Kind geeignet, das Spaß am Ausmalen hat.“ An turbulenten Wimmelbildern etwa, an fantastischen Landschaften, an grafischen Blättern, an Kindern, Tieren, Sensationen voller Fantasie und Witz. Nicht zuletzt mit Avignos Beiträgen, wenn etwa die Robbe Roller fährt, den Sonnenschirm artig an der Flosse. Für die Kinder ist das Heft offensichtlich ein Hit. Und der wird im Bedarfsfall energisch verteidigt.
Zu beziehen ist das Ausmalbuch über diese Adresse: ausmalbuch@gaertnerei-staehle.de