Im September 2015 sind die ersten Flüchtlinge an die Olgastraße gekommen, nun werden sie aufs Stadtgebiet verteilt. Foto: dpa

Die Flüchtlinge aus der Olgastraße werden auf andere Unterkünfte verteilt. Das stößt nicht nur auf positive Reaktionen.

S-Mitte/S-Süd - Von einer „guten Gemeinschaft“ spricht Marc-Oliver Luz vom Sozialamt, von einem Idealzustand Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin von Mitte. Dieses Loblied gilt der Flüchtlingsunterbringung im Haus Martinus an der Olgastraße 93A. Doch mit dieser ist es nun vorbei, denn die Flüchtlinge ziehen aus. Die 281 Bewohner kommen in neue Unterkünfte, die in der ganzen Stadt verteilt sind. „Das ist sehr, sehr schade“, sagt Veronika Kienzle, „es war eine ganz besondere Unterkunft.“

Der Grund für den Auszug ist der Ende des Jahres auslaufende Mietvertrag mit der Caritas. Das ehemalige Altenheim, das zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert wurde, wird neugebaut. Rückblick: Im August 2015 waren die letzten Altenheimbewohner ausgezogen, im September kamen die ersten Flüchtlinge ins Haus an der Olgastraße, das der Caritas gehört. Erst wurde es als Notunterkunft des Landes genutzt, dann als Unterbringung der Stadt. In den ersten Wochen waren rund 400 Flüchtlinge im Haus untergebracht. Als die Unterkunft dann zu einer kommunalen Unterkunft wurde, waren es weniger, um die 300 Personen. In der Altenhilfe waren es deutlich unter hundert Senioren, „dafür hat es wunderbar geklappt“, sagt Bezirksvorsteherin Kienzle, die regelmäßig in der Flüchtlingsunterkunft zugegen war.

Die Verteilung auf die Unterkünfte empfindet sie als Verschlechterung: „Im Haus Martinus hatte jedes Zimmer eine eigene Nasszelle. Außerdem ist die zentrale Lage toll, mitten im Wohngebiet, man kann alles laufen“. Vor allem aber hebt sie die Gemeinschaft hervor, die so nicht erhalten würde. „Die Flüchtlinge wurden herzlich empfangen, haben uns und der Stadt auch viel zurückgegeben“, sagt sie, „Leider ist es unmöglich, die Gruppe zusammenzuhalten.“ Auch der Freundeskreis des Haus Martinus, der über 100 Mitglieder zählt, wird sich auflösen.

Umzug soll vor Weihnachten abgeschlossen sein

Die Flüchtlinge werden auf Unterkünfte in Birkach, Mitte und Süd und Obertürkheim verteilt, teilt das Sozialamt der Stadt mit. „Wir haben darauf geachtet, dass Familien und Freunde nicht getrennt werden. Außerdem war es uns wichtig, dass Kinder im Bezirk bleiben, in dem sie zur Schule gehen und ihn nicht wechseln müssen“, erklärt Marc-Oliver Luz vom Sozialamt. Die Menschen werden teils auf Systembauten, teils auf Privatwohnungen verteilt. Bis Ende November sollen alle Flüchtlinge in ihrem neuen Zuhause sein. Dort werden sie dann wieder von der Sozialberatung und der jeweiligen Hausleitung betreut. Das Haus Martinus, das nur als Interims-Flüchtlingsunterkunft geplant war, kommt dann wieder seinem ursprünglichen Zweck zu. „Es macht wenig Sinn, wenn die anderen Unterkünfte wie die neuen Systembauten leer stehen“, sagt Luz vom Sozialamt.

Nach abgeschlossenem Auszug wird dann die Einrichtung zurückgebaut, denn das Haus soll leer an die Caritas zurückgegeben werden. „Die Menschen fühlen sich wohl in den modernen Systembauten. Die Flüchtlinge aus dem Haus Martinus freuen sich auf ihre neuen Unterkünfte“, sagt Luz. Die Stimmung unter den Flüchtlingen empfindet Veronika Kienzle anders: „Viele sind traurig, denn sie haben grade erst Fuß gefasst. Der Umzug wird sehr schwer für sie. Wir haben bereits ein rauschendes, trauriges Abschiedsfest gefeiert.“

In Zukunft sollen im Haus Martinus wieder Senioren leben

Die Caritas hatte der Stadt angeboten, den Vertrag bis ins nächste Jahr zu verlängern, erklärt Caritas-Direktor Uwe Hardt. „Wir hätten gerne weitergemacht.“ Er vermutet, dass das Haus bis zum Baubeginn erst einmal leer steht. Die Caritas hat außerdem das Angebot gemacht, Winternotquartiere für Obdachlose in Flüchtlingsunterkünften einzurichten. 2017 soll dann mit dem Bau des Seniorenheims begonnen werden, wann genau, ist noch nicht klar. Die Altenhilfe soll dann Mitte 2019 in Betrieb genommen werden.

Aktuell plane die Caritas mit wenigstens 78 Plätzen in der Altenhilfe, 24 Wohnungen und einer katholischen Kindertagesstätte im Haus Martinus, sagt Direktor Uwe Hardt, „es wird keine hochpreisige Unterkunft.“ Allerdings sei die Finanzierung noch nicht hundertprozentig geklärt, es fehle noch ein Investor. „Wir klären gerade, ob wir das Projekt eventuell auch alleine stemmen können“, sagt Hardt. Eine oft gewählte Verbindung sei die Zusammenarbeit mit der Caritas Stiftung oder einer anderen katholisch-kirchlichen Stiftung als Eigenkapitalgeber. Die offenen Punkte sollen auf einer Klausur Ende November geklärt werden.