Zurzeit sind die Archäologen dabei, am Römerhügel einen antiken Brunnen bis zur Sohle auszugraben. Foto: Landesdenkmalamt

Ursprünglich sollten die Archäologen vom Landesdenkmalamt ihre Grabungsstätte am Römerhügel bis Weihnachten geräumt haben. Doch sie haben um eine Verlängerung gebeten. Sie hoffen, in mehr als zwölf Metern Tiefe noch einmal fündig zu werden.

Ludwigsburg - Ursprünglich sollten die Archäologen vom Landesdenkmalamt die Grabungsstätte am Römerhügel bis Weihnachten geräumt haben. Doch sie haben um eine Verlängerung gebeten. „Wir brauchen vermutlich noch zwei bis drei Monate“, sagt Christian Bollacher, der die Ausgrabungen leitet. Der Grund: die Wissenschaftler haben auf der Ludwigsburger Markung einen römischen Brunnen entdeckt, den sie nun bis zur Sohle freilegen möchten – in der Hoffnung auf weitere aussagekräftige Funde aus dem zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung.

Die Experten haben auf dem Gelände neben dem bereits lange bekannten Keltengrab schon bisher Bemerkenswertes entdeckt. So sind sie bereits kurz nach Beginn der Ausgrabungen im März des vergangenen Jahres auf Relikte einer spätkeltischen Siedlung (etwa 200 vor Christus) als auch auf Hinterlassenschaften der Römer gestoßen: darunter Scherben, Steinkeile und Knochen. Unter anderem konnten sie das Skelett eines in hockender Stellung begrabenen Mannes freilegen, was auf einen keltischen Friedhof hindeutete. In einem Graben, der vermutlich die Stadtmauer umgab, förderten sie die Überreste eines Schweines zu Tage.

In der Fläche fertig

Gegraben wird, weil die Kleingärtner von der Ludwigsburger Frommannkaserne im Spätsommer auf den Römerhügel umziehen sollen. Sie müssen am alten Ort Platz machen, weil das Gewerbegebiet in der Markung Waldäcker nahe der Autobahnauffahrt Ludwigsburg-Süd weiter wachsen soll. Die Kleingärtner würden das neue Gelände innerhalb weniger Jahre so stark in Anspruch nehmen, dass die darunter vermuteten antiken Spuren verändert würden oder ganz verloren gingen, hatten die Archäologen eingewendet – und sich ausbedungen, das Areal noch vor der Umsiedlung der Gütlesbesitzer umgraben zu dürfen. Die Stadt musste das nicht nur akzeptieren, sondern die 200 000 Euro teuren Ausgabungen auch bezahlen. Die gemeinsam vereinbarte Frist ist im Dezember 2016 abgelaufen.

„In der Fläche sind wir auch tatsächlich fertig geworden“, sagt Bollacher. Nur bei dem überraschend im September entdeckten Brunnen werde noch weiter gebuddelt. „Das geht auch nicht mehr zu Lasten Ludwigsburgs“, sagt der Archäologe. Das sei nicht zu rechtfertigen, weil man sich mit dem Brunnenprojekt inzwischen in einer Tiefe befinde, die auch bei langjähriger Nutzung durch Kleingärtner kaum verändert werden könne. Im Übrigen gehe es um ein besonderes Forschungsinteresse, weshalb die Denkmalpflege die Kosten dafür übernommen habe. Für den Laien sei das wenig spektakulär, aber für die Wissenschaft meist sehr wichtig. Die Stadt gewährt Aufschub, und da nur in einem sehr begrenzten Areal weiter in die Tiefe gebohrt wird, macht dem auch das Winterwetter keinen Strich durch die Rechnung.

Zurzeit haben sich die Wissenschaftler bis zu einer Tiefe von zehn Metern vorgetastet. Mit einem Bohrstock, der viel freilegt, ohne allzu vieles zu zerstören. Christian Bollacher geht davon aus, dass mit ersten konkreten Funden frühestens ab einer Tiefe von zwölf Metern zu rechnen ist. In diesem Bereich ende die aufliegende Lößbodenschicht, und man erreiche die darunterliegende Keuperkruste.

Rückschlüsse auf römisches Leben

Was die Sache für Forscher so spannend macht: in der Regel gründe ein solcher Brunnen in einem Boden, der selbstverständlich feuchter und nasser als der drumherum sei, erläutert der Archäologe: „Das heißt, die Dinge sind möglicherweise besser erhalten.“ Bei vergleichbaren Grabungen habe man immer mal wieder Stücke von Leder oder Holz geborgen sowie Pollen- und Pflanzenreste nachweisen können. „Solche Funde lassen sehr gute Rückschlüsse auf die Kultur zu“, sagt Bollacher.

Mehr als diese Funde werden die Archäologen des Landesdenkmalamts auch nicht aus der Erde holen. Die Steine des Brunnenschachts und seine gesamte Konstruktion werden lediglich vermessen, gezeichnet und katalogisiert. Wenn das fertig ist, wird der Graben wieder geschlossen – und die Kleingärtner können kommen.