Zwei im roten Klassiker: Ursula Barié und ein junger Flüchtling. Foto: Mostbacher-Dix

Mit dem Porsche, Bentley und Aston Martin nach Tübingen: Zwei Oldtimer-Liebhaber aus Stuttgart haben für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge eine Ausfahrt organisiert.

Stuttgart - So mancher schaut noch etwas schüchtern drein. Elf Jugendliche, die unbegleitet aus Syrien, Indonesien, Afghanistan und dem Irak geflohen sind, beobachten von den Treppen vor dem Rathaus aus, wie sich Oldtimer um Oldtimer am Rande des Marktplatzes aufreiht: betagte Mercedes und Porsches, Alfa Romeo, Rolls Royce, das legendäre Aston Martin-Coupé DB1, das die britischen Autobauer Ende der 40er-Jahre entwickelten – und zu guterletzt das Bentley-Cabrio 4,8, Baujahr 1931. In den zehn gewienerten Karossen sollen die Flüchtlinge die Region rund um Stuttgart kennenlernen.

Mit Trauben im Gepäck, die ein Obsthändler gratis bereit gestellt hat, soll es nach Tübingen zum Boxenstop Auto- und Spielzeugmuseum gehen, unter anderem über den Fernsehturm, wo ein Bäcker süße Stückle spendet und das Schokoladenmuseum Ritter in Waldenbuch. „Gegen 17 Uhr spätestens wollen wir wieder in Vaihingen bei der S-Bahn sein“, so der Oldtimer-Liebhaber Manfred H. Barié, der die Strecke geplant und sie mit seinem Aston Martin bereits zuvor abgefahren ist. „Mit dem Ausflug wollen wir den Jugendlichen etwas von unserer Landschaft und Kultur zeigen,“ sagt er. Und seine Frau Ursula Barié, die mit ihrem Porsche Targa aus den 70ern dabei ist, ergänzt: „Sie haben Schlimmes erlebt, wir wollen ihnen eine Freude machen.“ Und vielleicht entstünde dabei ja ein intensiverer Kontakt, bei dem man mehr tun könne.

Schon vor Monaten hätten sie überlegt, was man traumatisierten Jugendlichen bieten könne, betont auch Peter Bürkle. „Eigentlich wollten wir die Ausfahrt über unseren Oldtimer-Club veranstalten, aber da hatten manche Angst, dass die Sitze schmutzig werden. Daher haben wir es nun privat organisiert.“ Veronika Kienzle, Bezirksvorsteherin Mitte, habe ihm geraten, den Kinderschutzbund Ortsverband Stuttgart (DKSB OV Stuttgart) zu kontaktieren, so Bürkle, der nun die Ausfahrt veranstaltet. Die Jugendlichen ausgesucht hat indes Paulina Mandl von „Lokstoff – Theater im öffentlichen Raum“. Sie betreut auch die 16- bis 24-Jährigen. „Sie lernen bei Lokstoff Deutsch. Wir bieten einen kulturellen Sprachkurs an, mittlerweile können es alle“, sagt die Theaterpädagogin. Sie schmunzelt: „Auch untereinander wird strikt Deutsch gesprochen, das ist unsere Regel.“ Ein Teil der jungen Menschen, die gemäß „Stuttgarter Weg“ dezentral in verschiedenen Wohnungen lebten, spiele außerdem Theater, sagt sie. Sie sind etwa bei „Revolutionskinder“ dabei oder im neuen Stück „Pass.Worte. Wie Belal nach Deutschland kam“, das am Donnerstag, 8. Oktober Premiere hat.

Als sie den ursprünglichen 15 Jugendlichen von dem Oldtimerausflug erzählte, seien diese erst verwundert gewesen, erinnert sich Mandl. „,Bei uns in Afghanistan ist jedes Auto 50 Jahre alt‘, sagte einer.“ Als sie dann aber erklärte, was Liebhaberei von Oldtimer in Deutschland bedeutet – „ein mindestens 30 Jahre altes Auto“, so Barié in seiner Rede –, wären sie gespannt gewesen. „Ich freue mich“, sagte einer und stieg mit breitem Lächeln unter der Baseballcap in den Bentley.