Die Gegend unterm Fernsehturm ist bei verschiedenen Gruppen beliebt Foto: Tom Bloch

Die Waldflächen unter dem Fernsehturm sind ein beliebter Treffpunkt für Familien und Touristen – aber auch für die Stuttgarter Homosexuellenszene. Ein Internet-Appell von Stadträtin Laura Halding-Hoppenheit stößt auf große Resonanz.

Stuttgart - Die Fotos, die Laura Halding-Hoppenheit im Sommer in der Gegend rund um den Fernsehturm gemacht hat, gefallen ihr gar nicht. Jede Menge Müll liegt da im Wald und auf den Grünflächen, Essensreste, Plastikflaschen, aber auch benutzte Kondome. Die Stadträtin der Linkspartei, die sich seit Jahrzehnten für die Stuttgarter Schwulenszene engagiert, sieht einen Teil der Verantwortung auch bei ihren Schäfchen. „Viele Treffpunkte der Szene sind durch Baustellen und andere Hindernisse nicht mehr zugänglich“, erzählt sie. Dazu gehörten etwa Teile des Hauptbahnhofs oder der Bereich rund um das Planetarium. Deshalb habe sich vieles unter den Fernsehturm verlagert – mit allen Folgen.

Im Internet hat die Stadträtin deshalb jetzt einen Appell an die Homosexuellenszene gerichtet. „Leider wird vergessen, dass unser Fernsehturm für viele Stuttgarter und Touristen ein Besuchermagnet ist. In den Grünanlagen um den Fernsehturm suchen viele Familien mit Kindern sowie Senioren und andere Bürger Erholung“, heißt es darin. Häufig stießen die dann auf die Hinterlassenschaften der diskreten Treffen der Szene. „Hier brauchen wir eure Hilfe, damit dieser beliebte Platz weiterhin als Treffpunkt bestehen bleibt, ohne dass andere Besucher sich vom Anblick angeekelt fühlen“, schreibt Halding-Hoppenheit. Man sei gern bereit, über Anregungen, Ideen und Vorschläge zu diskutieren.

„Die Leute sollen glücklich sein und tun, was ihnen Spaß macht. Aber sie müssen dabei Rücksicht nehmen“, sagt die Stadträtin. Der Appell habe große Resonanz hervorgerufen und komme gut an. Sie habe die etwas ruhigere Winterzeit dafür gewählt, weil die Situation im vergangenen Sommer nicht gut gewesen sei und deshalb bis zum Frühjahr Lösungen gefunden werden müssten. Tatsächlich wird in der Szene und in einschlägigen Internetforen lebhaft über den Appell diskutiert – mit viel Zustimmung dafür.

Kaum Beschwerden bei der Stadt

Bei der Stadt und der Polizei ist der Treffpunkt bekannt. Er wird aber nicht als problematisch eingestuft. „Beschwerden von Bürgern haben wir nur ganz vereinzelt“, sagt Hans-Jörg Longin vom Stuttgarter Ordnungsamt. Polizeisprecher Jens Lauer bestätigt aber den Eindruck, die Szene habe sich verlagert: „Das ist dort schon mehr geworden, weil tatsächlich andere Treffpunkte weggefallen sind.“ Beamte der zuständigen Dienststelle schauten ab und zu unterm Fernsehturm vorbei. Für Müll allerdings sind die nicht zuständig. Für die Polizei zählt vor allem eines: „Wir haben dort keinen Kriminalitätsschwerpunkt.“

Laura Halding-Hoppenheit wundert sich nicht, dass beim Ordnungsamt kaum Beschwerden eingehen. „Die Leute beschweren sich nicht im Rathaus, sondern bei mir“, sagt sie und schmunzelt. Deshalb müsse jetzt gehandelt werden, bevor sich ein richtiges Problem entwickle. Dabei will sie auch selbst aktiv werden: „Wenn es nötig ist, kann ich mich um einen Streetworker kümmern, der dort am Wochenende nach dem Rechten sieht“, sagt sie. Das wäre nicht das erste Mal. Bereits früher hat sie aus eigener Tasche eine Sozialarbeiterin bezahlt, die sich um südosteuropäische Prostituierte in Stuttgart gekümmert hat.

Die Stadt allerdings könne auch ihren Beitrag leisten, betont Laura Halding-Hoppenheit: „Wir brauchen dort für alle Besucher mehr Mülleimer, davon gibt es viel zu wenige an diesem Wahrzeichen.“ Sie werde sich deshalb auch an die Verwaltung wenden. „Wir sind stolz auf unsere Community und leben alle gerne in Stuttgart, deshalb können wir dieses Problem gemeinsam lösen“, hofft die Stadträtin.

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.premiere-von-laura-das-juwel-von-stuttgart-nur-keine-blumen-fuer-die-wirtin.f69c12fb-2623-4fe4-86ec-d983c8ef349f.html