Wie in der Etymologie des Schwäbischen von H. Wax zu lesen ist, gibt es im Ries ein „Ãnggåreidå“, was so viel heißt wie „auf dem Nacken reiten“, gemeint ist damit „das Aufsitzen von Kindern auf den Schultern von Erwachsenen“. Foto: StN

Ein Mann kommt zum Arzt und sagt: „Herr Doktor, mir duat so mei Anke weh.“ Der Arzt weiß nicht, was der Patient meint, und geht hinaus und schickt seine Helferin ins Zimmer.

Stuttgart - Anke I: Leserin Rose Scheider aus Stuttgart-Sillenbuch erzählt eine kleine Geschichte: Ein Mann kommt zum Arzt und sagt: „Herr Doktor, mir duat so mei Anke weh.“ Der Arzt weiß nicht, was der Patient meint, und geht hinaus und schickt seine Helferin ins Zimmer. Auf ihre Frage, was ihm fehle, wiederholt der Mann seine Aussage. Als der Arzt wieder hereinkommt, fasst sich die Helferin ins Genick. Nun geht dem Arzt ein Licht auf.

Es dürfte heutzutage manchem Arzt so ergehen, denn der Begriff „Anke“ (f.) dürfte nur noch wenigen bekannt sein. Die Anke, schwäbisch gesprochen „Ãnggå“, im südlichen Sprachgebiet „Ãngkå“, außerdem auch „Ãngl“, heißt lateinisch „occiput/occipitium“, was „Hinterhaupt“ bedeutet, im Volksmund auch „Nacken“ genannt. Das Wort „Anke“ geht zurück auf das althochdeutsche „ancha“.

Fischers Schwäbisches Wörterbuch bietet einige urige Redensarten an: År ziåht d’Ãnggå nãe wi-å glopfdr Has (sich ängstlich gebärden). Diå hòt Hòòr uff då Zong ond Mies (Moos) enn dr Ãnggå (von einem lästernden, bösartigen Weib). Saesch, i lass-me schêê bedãnggå – vomm Kopf bis ã d’Ãnggå. Dêãm isch-s wohlr als dr Laus emm Ãnggå.

Wie in der Etymologie des Schwäbischen von H. Wax zu lesen ist, gibt es im Ries ein „Ãnggåreidå“, was so viel heißt wie „auf dem Nacken reiten“, gemeint ist damit „das Aufsitzen von Kindern auf den Schultern von Erwachsenen“.

Anke II: Noch viel weniger bekannt als das beschriebene „Anke“ ist ein zweites gleich geschriebenes „Anke“ (m.), gesprochen „Ãngkå“, ahd. ancho. Dieses Wort ist der wohl älteste Ausdruck für „Butter“ und etymologisch verwandt mit den lateinischen „unguere“ (salben, beschmieren) und „unguentum“ (Fett, Salbe). „Anke“ ist nur noch in der Schweiz, im südlichen Baden und Elsass zu Hause, also im alemannischen Gebiet, im schwäbischen Sprachraum nur im Grenzgebiet an der oberen Donau.

Günter Pfeiffer aus Ditzingen fragt nach der Herkunft des Wortes „Latschare“. Sein Vater, gebürtig im Kreis Tuttlingen, gebrauchte diesen Ausdruck für „einen jungen, noch nicht ganz Erwachsenen“.

Der Vater beschreibt den Latschare in sehr positiver Weise, denn in Fischers Schwäbischem Wörterbuch liest man „einfältiger, tölpelhafter, läppischer Mensch, Herumlungernder, Müßiggänger“. Das Wort ist eine Ableitung vom Verb „latschen“ in der Bedeutung „träg, unbeholfen, schwerfällig daherkommen“. In diese Wortfamilie gehören auch der „Latsch“ und „Latschen“, die für „Hausschuh“, aber auch für „abgetretener, schlechter Schuh“ stehen. Alle diese Wörter sind seit dem 17. Jahrhundert bezeugt. Mit dem Begriff „Lulatsch“ bezeichnet man einen Menschen mit schlechter Körperhaltung; als „langer Lulatsch“ wird eine schlaksige, große Person betitelt, in Berlin nennt man den Funkturm so.

Zurück zu „Latschare“. In Nendingen bei Tuttlingen, in Obernau bei Rottenburg, aber auch in anderen Orten gibt es einen sogenannten Latschareplatz. Dies ist der Platz, an dem sich früher die jungen Leute zum Schwätzen, Frotzeln, aber auch zum Singen trafen. Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Siegfried Binder aus Holzgerlingen: „Schaffa, schaffa, Häusle baua, Hond abschaffa, selber bella.“

Schreiben Sie uns: land@stn.zgs.de