Wer Kohldampf hat, muss sich vor dem Kongelloch vorsehen Foto: StN

Siegmar Strobel aus Steinenbronn schreibt: „Wenn man richtig Hunger hat und Kohldampf schiebt, heißt es bei uns: ‚Jetzt muß i zerscht ebbes esse, sonst fall i no ’s Kongelloch na.‘

Stuttgart - Siegmar Strobel aus Steinenbronn schreibt: „Wenn man richtig Hunger hat und Kohldampf schiebt, heißt es bei uns: ‚Jetzt muß i zerscht ebbes esse, sonst fall i no ’s Kongelloch na.‘ Auf was ist dieser Ausdruck zurückzuführen?“

Ja, verehrter Leser, trotz intensivster Recherche ist festzuhalten: das Wort „Kongelloch“ ist nirgendwo zu finden. Weder hat es mit „Konggl“ (= Kunkel) noch mit „kungeln“ (= heimliche, unlautere Geschäfte abschließen) zu tun. Da es aber mit „Kohldampf“ in Verbindung gebracht wird, braucht man gar nicht in die Ferne zu streifen, denn das Gute, hier das Passende, liegt ganz nah. Es kann sich nur um das neumodische Wort „Hungerloch“ handeln. Bestätigt wird diese Annahme im Internet.

Untersuchen wir den Ausdruck „Hungerloch“ und zerlegen ihn dabei in seine zwei Bestandteile.

Hunger hatten die Menschen schon zu allen Zeiten, insofern ist es ein Wort, das schon im Gotischen, also etwa im 4. Jh. n. Chr., als „huhrus“ und das Verb hungern als „huggrian“ verwendet wurden. Aus dem Althochdeutschen ist es als „hungar“ überliefert. Hunger zeigt sich immer dann, wenn uns eine starke Begierde nach Speise überkommt. Unterschieden davon ist der Appetit als bloßer Reiz nach der Speise. Bei Grimm heißt es: „der hunger geht vom magen, der appetit vom gaumen aus.“ „Hunger“ gehört im Sinne von „brennendes Verlangen“ zu der indogermanischen Wurzelform „kenk“ = brennen. (Anmerkung: Indogermanisch zwischen 4000 und 1000 v. Chr.)

Das Wort „Loch“ hat verschiedene Bedeutungen: neben Schlupfloch auch Gefängnis, Höhle und hierher passend „eine enge Öffnung als Zugang zu einem Raume“, womit in diesem Zusammenhang der Magen gemeint ist.

Interessant ist auch die Erkundung des Worts „Kohldampf“. Mit dampfendem Kohl hat es nichts zu tun. Das am Ende des 19. Jahrhunderts durch die Soldatensprache allgemein bekannt gewordene Wort stammt aus dem Rotwelschen, einem Sammelbegriff für die Sprache von fahrendem Volk in früheren Jahrhunderten.

Der Wortteil „welsch“ ist die mittelhochdeutsche Bezeichnung für „romanisch“ (Französisch und Italienisch), „rot“ wiederum ist das rotwelsche Wort für „Bettler“. Laut der Duden-Etymologie haben im Rotwelschen die Begriffe „Kohler“ beziehungsweise „Koller“ und „Dampf“ jeweils die Bedeutung von „Hunger“.

Damit soll mit zwei gleichbedeutenden Wörtern ein besonders großer Hunger beschrieben werden. Anmerkung: Kohler/Koller ist möglicherweise identisch mit „Koller“ (= Wut, Tobsuchtsanfall).

Iris Hanstein aus Stuttgart schreibt: „Mich würde interessieren, woher das Wort ‚Schardega‘ kommt. Die Generation meiner Eltern und Großeltern benutzte es für Damen, die etwas ‚schräg‘ daherkamen, ein bisschen schlampig aufgemotzt und grob waren.“

Das Wort „Scharteke“ geht auf das französische „charte“ (= Urkunde) zurück, das wiederum vom lateinischen „charta“ (= Papyrusblatt, Schriftstück, Buch) abstammt. „Scharteke“, schwäbisch gesprochen „Schardäk“, ist eine verächtliche Bezeichnung für alte Schriftstücke, Bücher, aber auch für schlechte, wertlose Schriftstücke und Bücher überhaupt.

Der Ausdruck stammt aus dem Mittelniederdeutschen, dem Gegenstück zum Mittelhochdeutschen im süddeutschen Sprachraum, und kam im 16. Jahrhundert als „scarteke, scartece“ auf.

Im 19. Jahrhundert benannte man damit allgemein altes, wertloses Gerät wie Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände. Schließlich stand das Wort abwertend für eine alte beziehungsweise unsympathische Frau. Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Familie Jann aus Weinstadt: „Wenn sich jemand dumm verhielt, sagte unser Vater immer: ‚Domm gebora, dackelhaft uffzoga ond nex drzua glernt!‘“