Besuch eines Großen des schwäbischen Kabaretts: Bernd Kohlhepp war Gast beim „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch im Stuttgarter Zeppelinstüble – und er kam erwartungsgemäß nicht allein.

Stuttgart - Wer Bekanntschaft mit Bernd Kohlhepp macht, dem stehen häufig zwei Personen gegenüber: er selbst und Herr Hämmerle aus Bempflingen – sein berühmtes Alter Ego.

So ist es auch am Donnerstagabend beim 16. „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch im Zeppelinstüble des Stuttgarter Hotels Steigenberger Graf Zeppelin. Hämmerle folgt Kohlhepp bei seinem Gastauftritt auf Schritt und Tritt. Die von ihm geschaffene schwäbische Kunstfigur mit dem charakteristischen Hut und der deutlichen Aussprache ist immer mit dabei. Zum Beispiel wenn Kohlhepp im Baumarkt einkauft. Die Situationen, die ihm dort begegnen, haben häufig Sketchcharakter, und doch gibt es einen feinen Unterschied zwischen Wirklichkeit und Kabarett. „Wenn ich als Herr Kohlhepp zu dem Herrn in der Schlange vor mir sagen würde: ,Zahlen Sie doch an der anderen Kasse – dort ist’s günstiger‘, müsste ich mit Prügeln rechnen.“ Zumindest mit strengen Blicken. Als Kunstfigur Hämmerle ist das erlaubt. Der Angesprochene würde sich vor Lachen vielleicht sogar auf die Schenkel klopfen. „Es empfiehlt sich, den Hämmerle-Hut im Notgepäck zu haben“, sagt Moderator Tom Hörner vor den 35 Stammtischgästen. Kohlhepp lacht.

Ein Pionier der Mundart

Er ist ein humorvoller Mensch. Durch und durch. Aufgewachsen in Tübingen „in der Gogerei“ – dem Herrschaftsbereich der kauzigen Wengerter –, gründete Kohlhepp in den achtziger Jahren zusammen mit Klaus Birk die Kabarettgruppe Vis a Vis, die Dialekt und Pantomime miteinander verband. Seitdem steht er auf großen und kleinen Bühnen – mal mit diesem, mal mit jenem Kollegen. Meist jedoch alleine beziehungsweise mit Herrn Hämmerle, dem er seit 1998 sechs Programme widmete.

Im Zeppelinstüble liest Kohlhepp aus dessen Tagebucheintragungen, die Hämmerle in einem alten Schuhkarton aufbewahrt, um sie vor Diebstahl zu schützen. Der Karton trägt die Aufschrift „Abgelaufenes Katzenfutter“ – eine zusätzliche Diebstahlsicherung. So ist er, der Schöpfer des Herrn Hämmerle: verspielt, überraschend, schwäbisch.

Die Charakterfigur profitiert vom pantomimischen Talent Kohlhepps - wie alle seine Figuren, wozu auch Frau Schwerdtfeger und Elvis gehören sowie Schillers „Räuber“ und die vielen Geschöpfe von „Winnetou IV“, die er zum Leben erweckt – vom Büffel bis zur Schmeißfliege.

Der Erste auf dem Mount Everest

Herrlich auch, wenn der 54-Jährige im Zeppelinstüble bei über 30 Grad die Erstbesteigung des Mount Everst durch einen Schwaben inszeniert: Vom Gipfel herab vernimmt der sich durch Schnee und Eis herankämpfende Sir Edmund Hillary den eindeutig schwäbischen Ruf „Jetzt isch’s voll nemme weit!“.

Das Publikum hat Freude an dieser Mischung aus Selbstbewusstsein und Selbstironie, wie sie auch in der Schwabenhymne „Mir im Süden“ der A-cappella-Gruppe Füenf zum Ausdruck kommt: „Es gibt ein kleines Volk im Süden, das hat’s ein kleines bisschen besser drauf.“

Das neueste Projekt: ein Film

Kohlhepp hat’s drauf – auf vielen Gebieten: Der Sohn einer Niederländerin und eines Badeners schreibt Kindergedichte und Kinderbücher, macht Musik und tritt mit der Stuttgarter Jazzsängerin Fola Dada und der SWR Big Band auf („Hämmerle goes Big Band“). Er ist Kabarettist, Showmaster, Autor, Rock-’n’-Roller – und Schauspieler. Aktuell sammelt er Geld für ein Filmprojekt: „Hämmerle, der Film“. Ob es zustande kommt, ist offen. Doch er wagt’s. Auch nach mehr als 30 Jahren im Unterhaltungsgeschäft steckt Kohlhepp voller Ideen und Energie.

„Der Spaß hört nicht auf“, sagt er. Auch nicht im Urlaub – zum Leidwesen seiner Familie. Der unzertrennliche Herr Hämmerle ist auch dort dabei. Kohlhepp selbst hat nichts dagegen. Im Gegenteil. „Ich bin dem Mann äußerst dankbar. Er ist ja mein Brötchengeber.“ Zwei Unzertrennliche.