Wer dottert, der zweifelt ein wenig Foto: StN

In einem Disput zwischen einem Bäckermeister und seinem Lehrling hörte Dietrich Paulini die Frage „Dodderet’s dir endlich?“.

Stuttgart - In einem Disput zwischen einem Bäckermeister und seinem Lehrling hörte Dietrich Paulini die Frage „Dodderet’s dir endlich?“. Unser Leser, aus Schleswig-Holstein „umgesiedelt“, möchte den Ausdruck erklärt bekommen.

Zunächst ist zu bemerken, dass das Wort „dotteren“ in den etymologischen Nachschlagewerken nicht aufzufinden ist. Was man aufspüren kann, ist „dottern“ mit der Erklärung „ein wenig zweifeln“ sowie dem Zitat „do geriet im daz herz zu dottern“ und der Deutung „durch den zweifel ward ihm das herz in zitternde bewegung gebracht“. Ansonsten wird man auf „dattern“ verwiesen. Hier zeigen sich folgende Bedeutungen: „1. schnell und albern schwätzen; 2. stottern; verlegen, erschrocken sein; zittern“ (Grimm’sches „Wörterbuch“). Das Wort taucht seit dem 16. Jh. auf. Neben „dattern“ entdeckt man noch weitere Wortformen: dadern, dädern, dodern, dudern, todern, tattern u.a. Die ersten drei Begriffe werden übersetzt: „schnattern wie Gänse, daher albern, ungeschickt, hastig schwätzen“. Offensichtlich haben diese Verben einen lautmalenden Charakter, was mit Versen aus einem Volkslied von Ludwig Uhland gestützt wird: „Die gens mit irem dadern – dada, dada, dada –, mit irem geschrei und schnadern – dada, dada, dada.“

Kehren wir zum Zittern bei „dottern / dattern“ zurück. Im „Schwäbischen Wörterbuch“ von J. Chr. v. Schmid wird verdeutlicht: „es dottert ihm = es ist ihm bange, er ahndet Schlimmes“. Und von Abraham a Sancta Clara (1644–1709) – geboren in Kreenheinstetten bei Meßkirch, Prediger in Wien – stammt der Satz: „wer ein böses gewissen hat, dem thatert die brust wie ein müllbeutel, wann er nur ein schatten an der wand siehet.“ Damit kommen wir zum schwäbischen „doddårå“. „Es doddåråt miår“ heißt nach Fischer „es schwant mir, ich bekomme einen Zweifel, eine Ahnung, bes. eine üble, aber auch eine freudige, ich bin unruhig vor Angst, schlechtem Gewissen, Erwartung, Verlangen“. Mit der Zeit hat sich „doddårå“ von diesem Zittern und der Angst entfernt und auch die Bedeutung des ahnenden Wahrnehmens erhalten. So sagt man, wie bei Brechenmacher zu lesen ist, zu jemandem, dem man einen unerwarteten Zusammenhang klargemacht hat: „Dodderet’s dir jetzt?“, und damit ist die Frage des Bäckermeisters wohl geklärt. Im Folgenden einige Ableitungen von „daddårå“: daddårig (zitternd, angstvoll), då Daddårår / Daddårich hãõ (das Zittern, besonders in den Händen haben), vrdaddåråt sãê (ängstlich, eingeschüchtert sein).

Zum Schluss einige Zeilen aus dem „Gans-König“, einer Tierfabel des Straßburger Dichters Wolfhart Spangenberg (1567–1636): die (mägdlein) gern in weiszen schleiern gahn und nichts dann nur von bulschaft (= Liebesverhältnis) tadern und wie die gäns unnützlich schnadern. Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Klaus Riegraf aus Stuttgart: „Wenn zwei Schwaben sich lange Zeit nicht mehr gesehen haben und sich rein zufällig mal wieder treffen, wird anstelle der gängigen Begrüßungsformel ,Griaßgott‘ auch gerne und durchaus freundlich gemeint gesagt: ,Ja wia, lebscht’n du au no?‘“ Schreiben Sie uns: Zentralredaktion, Postfach 10 44 52, 70039 Stuttgart, Stichwort: Schwäbisch, Fax: 07 11 / 72 05 - 73 09; E-Mail: land@stn.zgs.de

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