Gesangsbuch Foto: dpa

Die wunderbare Geschichte über jene Frau, die sonntags statt des Specks das Gesangbuch ins Sauerkraut warf und mit dem Speck zum Gottesdienst eilte, hat zahlreiche Leserreaktionen hervorgerufen.

Stuttgart - Die Frage von Martin Hoffmann aus Vaihingen-Aurich nach dem wunderbaren Gedicht über jene Frau, die sonntagmorgens statt des Specks das Gesangbuch ins Sauerkraut warf und mit dem Speck zum Gottesdienst eilte, hat zahlreiche Leserreaktionen hervorgerufen. Am Mittwoch gingen weitere Zuschriften ein. Herzlichen Dank an Margarethe Böhmer-Eberle, Irmgard Femppel, Elfriede Pfitzenmaier, Roland Schmalzried, M. Schöllhammer und Heide Sowietzki. Post haben wir auch vom Fragesteller, Martin Hoffmann, bekommen. Er schreibt: „Auf diesem Wege möchte ich mich bei allen, die sich auf meine Anfrage ,Rauchfleisch und Gesangbuch‘ gemeldet haben, herzlich bedanken. Ich habe mich riesig gefreut über die enorme Resonanz und wünsche allen weiter viel Spaß mit ‚Auf gut Schwäbisch‘.“

Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Denn bei den Zuschriften zeigte sich, dass unterschiedliche Versionen des Gedichts existieren. Das beginnt beim Titel: „’s Gsangbuach-Krautsalätle“, „En dr Eil“, „Sonndichmorge“. Und setzt sich fort beim Namen der Hauptperson: Marie, Lene, Frau Wyrch. Das eine Mal spielt die Geschichte im Schönbuch, das andere mal in Tamm. Einige Verfasser sind anonym, andere namentlich bekannt. Immer wieder genannt wird der Mundartdichter Werner Veidt, bekannt durch sein Büchlein „I möcht amol wieder a Lausbua sei“ (Verlag Karl Knödler, Reutlingen)

Sicher ist, dass Werner Veidt ein Gedicht mit dem Namen „Sonndichmorge“ verfasste, in dem das oben erwähnte Missgeschick einer Frau Wyrch zugeschrieben wird. Wobei, ganz sicher ist das auch wiederum nicht. Denn am Mittwoch meldete sich Leser Richard Stier aus Auenwald in der Redaktion und berichtete, dass wohl Veidts Zwillingsbruder Friedel der Autor der schwäbischen Geschichten sei. Friedel habe diese allerdings unter dem Namen seines Bruders Werner publiziert. So jedenfalls wird es in der Familie des Lesers erzählt. Und die müsste es eigentlich wissen, denn die Brüder Werner und Friedel Veidt wohnten einst im Haus des Urgroßvaters von Richard Stier in Tamm. Die im Gedicht beschriebene Frau Wyrch existierte demnach wirklich – allerdings unter dem Namen Wyrich. Sie war die Urgroßmutter von Richard Stier, eine resolute Frau. Und die Sache mit dem Gesangbuch und dem Speck soll sich tatsächlich so zugetragen haben. Möglicherweise diente der Text als Vorlage für andere Gedichte.

Der Ort des Geschehens, das Bauernhaus von Frau Wyrich, ist übrigens heute noch zu bestaunen – allerdings nicht in Tamm, sondern im Freilichtmuseum Beuren. Als besonders typisches Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert wurde es abgebaut und in Beuren wieder aufgebaut – es handelt sich um das imposante Eingangsgebäude mit seinem Keller, der so groß war, dass früher Lausbuben in der Nacht zum 1. Mai den Heuwagen des Bauern auseinanderbauten und im Keller wieder zusammensetzen. Diese Geschichte verdanken wir Richard Stier. Eine Geschichte, wie sie „Auf gut Schwäbisch“ schreibt.

Und hier nochmals das besagte Gedicht von Werner (oder Friedel) Veidt:

„Sonndichmorge

,Guate Morge, Frau Wyrch,

wo ganget Se na?

Wie goht’s denn drhoimde,

was macht denn Ihr Ma?‘

,Ha, wie’s halt am Sonndichmorge

so isch‘, secht Frau Wyrch,

,mei Alter, der schloft no,

ond i gang end Kirch.‘

,End Kirch’ gehnt Se;

des iberschteigt mein Verschtand,

worum hent Se denn da a Schtick

Speck in d’r Hand?‘

,O Jesses‘, schreit d’Wyrche

ond fahrt z’ samma wia bissa:

,Jetzt han i’s Gsangbuach en

d’Erbsa neigschmissa!‘“ Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Herbert Häußermann aus Filderstadt: „Als Stift hat mich der Lehrmeister zum Aufmaß auf eine Baustelle mitgenommen. Als wir fertig waren, tat der Lehrmeister folgenden Ausspruch: ,Bub, des muss d’ merka: Schreibe brengt’s Geld, net ’s Schaffa!‘“

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