Aus dem „urdrütze“ wurde unser heutiges „überdrüssig“ Foto: StN

Aus Murrhardt schreibt Gerti Nebel: „Vor kurzem sagte ein Bekannter aus dem Hohenlohischen zu mir, als ich ihm einige Weintrauben brachte, er aber schon genügend vor sich stehen hatte: ,I han mi scho fast dra z’urtrutz gessa!‘“

Stuttgart - Aus Murrhardt schreibt Gerti Nebel: „Vor kurzem sagte ein Bekannter aus dem Hohenlohischen zu mir, als ich ihm einige Weintrauben brachte, er aber schon genügend vor sich stehen hatte: ,I han mi scho fast dra z’urtrutz gessa!‘“ – Natürlich schreit ein Wort wie „urtrutz“ nach seiner Herkunft, denn aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ist es verschwunden.

Bei der Suche wird man bei den Brüdern Grimm fündig: „urdrutz“ ist eine Variante von „urdrüsz“, wozu auch „urdrütze, drütz“ gehören. Es stammt vom Althochdeutschen „urdruzzi“ und wurde im Mittelhochdeutschen als „urdrütze, urdriuze“ verwendet: „ich horte die bredige mit ettewas urdrutzes“ (Nikolaus von Basel, 14. Jh.). Im 16. Jahrhundert, als „urdrutzig“ in der Bedeutung „unlüstig, verdrieszlich“ noch belegt und damals schon schriftsprachlich veraltet war, verdrängte zu Beginn des Neuhochdeutschen das Präfix „über-“ rasch die seither benutzte Vorsilbe „ur-“, und aus dem „urdrütze“ wurde unser heutiges „überdrüssig“. Ein Zitat aus dem Grimm’schen Wörterbuch: „der mann wirt mit der zeit urtrütz“, hier im Sinne von „verdrießlich, unwillig, zornig“. Fischer weist darauf hin, dass im Schwäbischen die Version „undrüß“, meist gesprochen „udrütz“, verwendet wird. Es dürfte aber davon ausgegangen werden, dass „udrütz“ heute ebenfalls aus dem Alltag verschwunden ist.

Das Wort „urdruß, urdruz, m.“ beschreibt Johann Christoph von Schmid in seinem „Schwäbischen Wörterbuch“ (1831) mit: „wenn man sich an einer Speise übergessen hat, so daß sie einen für die Zukunft aneckelt“ – eine Beschreibung, die bestens auf die Aussage des Bekannten von Gerti Nebel zutrifft.

„Wenn ich mein Kind auf dem Arm hatte, sagte ich ‚Dutzåmoggele‘ zu ihm, das hieß, die Köpfe leicht aneinanderstoßen. Mein Kind fand das sehr lustig.“ Dies berichtet Ruth Horak aus Waiblingen und fragt nach der Herkunft dieses Begriffs. Auch Tabea Preuss aus Gronau interessiert sich dafür.

Was unsere Leser hier aufgreifen, ist eine beliebte Form der Kontaktaufnahme mit Kleinkindern. Auf der Suche nach dem Stammwort stoßen wir im Grimm’schen Wörterbuch auf den „Dutzbock“: „ein ziegenbock, der mit kopf und hörnern gegen einen anderen stöszt, wie sie im kampf mit einander pflegen. Wir wollen einen dutzbock machen, sagen kinder“. Das Wort „dutzen“ bedeutet „(an einander) stoszen“, und der „dutz“ ist ein „stosz“ und eine dabei entstandene Beule. Aus dem „Dutzbock“ entstand das schwäbische Verb„duzåboggålå“, woraus sich auch duzåmoggålå (Moggåle = Kalb) bildete. Auf das alte Verb „stutzen“ (= stoßen, mit den Hörnern, mit dem Kopfe stoßen) geht „schduzåboggålå“ zurück, das auch als „Hommåle, Hommåle, Schduzåbock“ (Hummel = Stier) gespielt wird.

In der heutigen Zeit haben „duzå-/schduzåboggålå“ sogar den Zugang in Fußballspiele gefunden, allerdings nicht im spielerischen Sinne, sondern in recht heißblütiger Weise, wenn die Köpfe gegnerischer Spieler aufeinander rasseln. Man kann nur sagen: „Wohl bekomm’s!“

Zum Thema „Orschdlich“ haben wir eine Fülle von Leserzuschriften erhalten. Dazu in den nächsten Tagen mehr. Vorab erst mal herzlichen Dank! Der Spruch des Tages – kurz und knapp – kommt von Gusti Bück aus Holzgerlingen: „Steiget mr doch en d’Tasch nei.‘“ Schreiben Sie uns: Zentralredaktion, Postfach 10 44 52, 70039 Stuttgart, Stichwort: Schwäbisch, Fax: 07 11 / 72 05 - 73 09; E-Mail: land@stn.zgs.de