Drei neue Blitzer wurden an der A 8 installiert. Die Anlage an der Ausfahrt Flughafen/Messe ist eine davon. Foto: Peter Petsch

Die neue Tempoüberwachung an der A 8 blitzt einträglich: Das Land rechnet mit neun Millionen Euro Bußgeld im ersten Jahr. Bisher deutet die Sünderquote aber eher auf 16 Millionen hin. Im Herbst geht dann noch die vierte Anlage zwischen Kreuz Stuttgart und Leonberg in Betrieb.

Stuttgart - Höhe Flughafen, Ausfahrt Möhringen, Dreieck Leonberg: Blitz, Blitz, Blitz. „Die drei neuen Anlagen haben zusammen im Durchschnitt pro Tag 1500 Treffer“, sagt der Leiter der Zentralen Bußgeldstelle des Landes, Wilfried Schramm. Seit Ende Mai sind die neuen stationären Überwachungsanlagen an der A 8 in Betrieb, neuartige Geräte, die an das flexible Tempolimit der digitalen Schilderbrücken angeschlossen sind. Und sie erwischen reichlich Temposünder. Auf der Strecke zwischen Leonberg und Flughafen sind auch nachts allerhöchstens 120 km/h erlaubt – was vielen offenbar viel zu langsam ist.

1500 Temposünder täglich an drei Anlagen – und im Herbst geht dann noch die vierte Anlage zwischen Kreuz Stuttgart und Leonberg in Betrieb. Spitzenreiter ist bisher die Anlage am Flughafen mit täglich etwa 650 bis 1000 Schnellfahrern Richtung Karlsruhe. Die Anlage vor der Ausfahrt Möhringen Richtung München erwischt etwa 500 bis 600 Temposünder pro Tag, die Blitzer bei Leonberg-Ost etwa 100 bis 250 täglich.

Teurer Bleifuß

Bei einem Schnitt von 30 Euro Verwarnungs- und Bußgeld kämen rein rechnerisch täglich 45.000 Euro zusammen. Pro Jahr wären das rechnerisch 16 Millionen Euro brutto. Zum Vergleich: Die gesamte Verkehrsbeeinflussungsanlage mit flexiblen Tempolimits und Standspurfreigabe zwischen Leonberg und Wendlingen hat 21 Millionen Euro gekostet. Freilich: Nicht immer landen die Gelder bei der Bußgeldstelle, bei Gerichtsprozessen etwa profitiert die Gerichtskasse. Manchmal sind ausländische Halter nicht zu ermitteln oder die Aufnahmen nicht beweissicher genug. Die Behörde rechnet deshalb eher mit neun Millionen Euro.

Holpriger Start

Die Blitzer rechnen sich offenbar – dabei hat die neue Anlage vom Typ Jenoptik Traffistar ihre Kinderkrankheiten noch nicht überstanden. Eigentlich sollten die Daten der geblitzten Autofahrer per Standleitung an die Bußgeldstelle in Karlsruhe übermittelt werden. „Das funktioniert aber bis heute nicht“, sagt Schramm. Bis Mitte Juli wird ein Kurier die auf Festplatte gespeicherten Daten nach Baden fahren müssen, weil es Lücken im Datennetz gibt.

Bisher ist noch kein einziger Bußgeldbescheid oder Zeugenfragebogen verschickt worden. Die liegen noch auf Halde. Unter anderem war die Bußgeldstelle damit beschäftigt, das Datenformat aus der Überwachungsanlage so umzuwandeln, dass es mit dem im Land gängigen Auswertungsprogramm auch gelesen werden kann. Auch die rechtlichen Unterlagen, etwa Eichurkunden, fehlten zunächst. Inzwischen sind auch die in Karlsruhe eingetroffen. Die Zeit drängt jedenfalls: Wo noch Zeugen befragt werden müssen, könnte es knapp werden. Nach drei Monaten ist die Strafe verjährt. Geblitzte Sünder hoffen darauf.

Massenhaft Fahrverbote

Dass das Potenzial von Temposündern auf der Strecke immens ist, zeigt sich bei mobilen Kontrollen der Polizei. Anfang Juni erwischten die Beamten zwischen dem Kreuz Stuttgart und Möhringen, einer Gefällstrecke, auf der maximal Tempo 120 gilt, gleich vier Raser, die sich Fahrverbote einhandelten. Einer hatte 202 km/h auf dem Tacho.

Was sich aber im Bereich Leonberg abspielt, ist auch für Bußgeldjäger Schramm erschreckend: „Ein Schwerpunkt für Fahrverbote“, sagt er. Vor allem zwischen Rutesheim und Leonberg, wo die Polizei mit mobilen Radarkontrollen im Einsatz ist. Dass wegen maroder Fahrbahnen Tempo 100 gilt, kümmert wenige. Ein Audi-Fahrer war mit 167 km/h unterwegs, ein Porsche-Fahrer wurde mit 196 Sachen gemessen. „Im April haben wir in diesem Bereich neunmal mobil kontrolliert“, sagt der Böblinger Polizeisprecher Eckhard Salo, „dabei kamen 6700 Verstöße mit 500 Fahrverboten zusammen.“ Die Sünder waren also mehr als 41 km/h schneller als erlaubt unterwegs.

An den stationären Anlagen versuchen manche, das Schlimmste mit einer Vollbremsung zu verhindern. Mit unliebsamen Folgen: Vergangene Woche krachten vor dem Blitzer an der Ausfahrt Möhringen drei Autos zusammen. Verletzt wurde niemand, es gab aber 8500 Euro Schaden.

Schonfrist vorbei

Kritiker halten die Tempomessungen allerdings für Abzocke: „Die meisten werden doch nachts erwischt, wenn die Strecke frei ist und es keinen Sicherheitsgrund für ein Tempolimit gibt“, heißt es. Vor Inbetriebnahme war gefordert worden, dass auch die freie Fahrt im Programm einer flexiblen Tempoanlage enthalten sein müsse. Das Regierungspräsidium entschied dagegen – aus Gründen der Verkehrssicherheit.

Wilfried Schramm von der Zentralen Bußgeldstelle findet beim Blick auf die Sünderliste aber nicht nur zur Nachtzeit eilige Autofahrer: „Da sind überraschend viele Lkw-Fahrer dabei.“ Übrigens: Wer bisher noch keine Post von der Bußgeldstelle bekommen hat, sollte sich nicht zu früh freuen. „Die ersten Bescheide“, kündigt Schramm an, „gehen nach diesem Wochenende raus.“