Als Stürmer stets voll engagiert: Wynton Rufer in seiner Zeit bei Werder Bremen Foto: Baumann

Der Ex-Bremer, der heute Kinder zu "Weltklasse-Fußballern oder -Bürgern" erzieht.

Stuttgart - Zu seiner aktiven Zeit als Fußballer hat Wynton Rufer ganze Stadien verzückt. Jetzt sitzt er am Spielfeldrand und lässt sich selbst von der Begeisterung des Spiels mitreißen. "Wir waren Gruppensieger, haben das Halbfinale gewonnen - das ist ein Riesenerfolg für uns", jubelt er. Dass seine Jungs das Endspiel des One-Nation-Cups in Bremen, das als inoffizielle Nachwuchs-WM für U-15-Teams gilt, mit 0:4 gegen die Türkei verloren hat - was soll's? "Wichtig sind die Kontakte, das gegenseitige Kennenlernen und die Erfahrungen mit anderen Ländern, Sprachen und Sitten."

Rufer weiß das selbst am besten. Der frühere Stürmer war zwischen 1981 und 2002 Profi in der Schweiz (FC Zürich, FC Aarau, Grasshopper Zürich), in Deutschland (Werder Bremen, 1. FC Kaiserslautern), England (Norwich City) und Neuseeland (Wellington Diamond United, Miramar Rangers, North Shore United und Football Kingz). Ganz besonders hat es ihm Bremen angetan. Mit dem SV Werder, für den er 59 Tore in 174 Bundesligaspielen erzielte, gewann er unter Trainer Otto Rehhagel 1991 und 1994 den Pokal sowie 1993 die Meisterschaft. Seinen größten Triumph feierte er 1992 mit dem Gewinn des Europapokals der Pokalsieger.

Den Kontakt nach Deutschland hat er nie abreißen lassen, aktuell ist er besonders intensiv. Nach seinem Kurzbesuch beim Jugendturnier in Bremen kehrt er Ende des Monats zum Eröffnungsspiel der Frauen-WM zurück. Rufer ist Botschafter des Deutschen Fußball-Bunds für Neuseeland - wer könnte diese Aufgabe besser ausfüllen als der Mann, der dreimal (1989, 1990, 1992) zu Ozeaniens Fußballer des Jahres und schließlich zu Ozeaniens Fußballer des Jahrhunderts gewählt wurde? Andererseits: Seine Popularität in Neuseeland ist, nun ja, ausbaufähig. "In Neuseeland kennen mich die Leute nicht", sagt Wynton Rufer und lacht, "sie denken, ich sei Ausländer. Ich bin dann immer ganz geschockt und sage: "Hey, ich bin Neuseeländer, meine Mutter ist Maori."

Hätte er Rugby gespielt, wäre er ein Volksheld. Fußball holt erst seit der WM 2010 auf, als sich Neuseeland erstmals seit 1982 wieder für ein Finalturnier qualifizierte - damals stand Rufer noch selbst im Team, für das er 23 Länderspiele (zwölf Tore) bestritt.

So oder so: Wynton Rufer hat es auch nach seiner Karriere geschafft, immer auf der Seite der Sieger zu stehen. Das hängt mit seiner Fußball-Akademie zusammen, die er vor 13 Jahren gegründet hat. Sie heißt Wynton Rufer Soccer School of Excellence, kurz: Wynrs, ausgesprochen wie winners - Sieger. Inzwischen gehören ihr landesweit rund 2000 Kinder zwischen sieben und 15 Jahren an, und der Fußball ist nur Mittel zum Zweck. Mehr als um den Umgang mit dem Ball geht es Rufer um soziale Werte wie Dankbarkeit, Respekt, Verantwortung, Leistung, Selbstachtung, Solidarität in der Gemeinschaft und Persönlichkeitsentwicklung. "Wir wollen die Kinder zu WeltklasseFußballern oder zu Weltklasse-Bürgern erziehen", sagt er. Am besten zu beidem. Als Missionar am Ball kooperiert Rufer mit Schulen, die in sozialen Brennpunkten liegen. Da bewegt er sich "zwischen Lebensberatung und Sozialarbeit". Sein Antrieb ist die eigene Karriere: "Als Profi hatte ich ein super Leben. Jetzt kann ich den jungen Leuten dienen und ihnen etwas zurückgeben."

Fußball dominiert sein Leben - so sehr, dass der gläubige Christ sogar auf den Kirchgang am Sonntagmorgen verzichtet. Da sitzt Rufer nämlich bei Live Sport, Neuseelands einzigem echten Radio-Sportsender, und moderiert seine Sendung "Wynton's World of Football". Jürgen Klinsmann war schon zugeschaltet, Australiens deutscher Nationaltrainer Holger Osieck war Studiogast. Wenn Rufer, der seit 1986 mit der Aus-tralierin Lisa verheiratet ist und die Söhne Caleb und Joshua hat, dann mal zu Hause ist, dreht sich wieder alles um Fußball: Caleb ist ebenfalls Fußballer. Früher beim deutschen Drittligisten SV Wehen Wiesbaden, jetzt als Profi bei Sydney FC. Seine Position? Natürlich Stürmer - ganz der Papa.