Der Verfassungsschutz hatte auch mögliche Verbindungen des Attentäters von Oslo zur Hamburger Neonazi-Szene geprüft - ohne Ergebnis. Foto: dpa (Symbolbild)

CSU-Innenpolitiker Uhl sorgt mit neuer Sicherheitsdebatte für Empörung.

Berlin - Nach den Anschlägen in Norwegen sieht die Bundesregierung keinen Grund für schärfere Sicherheitsmaßnahmen. Die „unfassbar traurigen Vorgänge“ sollten keinen Anlass für neue Debatten geben, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Montag anlässlich neuer Forderungen nach einer Vorratsdatenspeicherung. Er fügte hinzu, dass „Tat und Täter“ nach derzeitigem Kenntnisstand „keine Bezüge nach Deutschland“ aufwiesen.

Verbindungen des Attentäters von Oslo zur Hamburger Neonazi-Szene geprüft

Der Verfassungsschutz hatte zuvor auch mögliche Verbindungen des Attentäters von Oslo zur Hamburger Neonazi-Szene geprüft. „Es sind keine Kontakte ins Umfeld von Anders Behring Breivik erkennbar“, sagte der Leiter des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz, Manfred Murck. Zunächst seien die deutschen Behörden aber auf die Ermittlungen ihrer norwegischen Kollegen angewiesen. Seinen Angaben nach gibt es aus der norddeutschen Szene heraus auch einzelne bekannte Verbindungen nach Skandinavien. Als Beispiele nannte der Verfassungsschützer die Teilnahme an früheren Rudolf-Hess-Gedenkmärschen im dänischen Roskilde oder den Grundbesitz des gestorbenen Hamburger Neonazi-Anwalts und NPD-Funktionärs Jürgen Rieger in Schweden.

Bei dem Anschlag im Regierungsviertel Oslos waren am Freitag sieben Menschen ums Leben gekommen. Anschließend erschoss der Attentäter auf der Insel Utöya 86 Menschen. Im Internet veröffentlichte der 32-Jährige ein 1518-seitiges rassistisches Manifest mit dem Titel „2083 - A European Declaration of Independence“ („Eine europäische Unabhängigkeitserklärung“) in dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mehrmals erwähnt sowie auch SPD, Linke und Grünen heftig kritisiert werden. Der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans antwortete auf die Frage, ob der Attentäter auch Merkel als mögliches Ziel gesehen habe, jedoch zurückhaltend. Es sei jetzt am sinnvollsten, die norwegischen Sicherheitsbehörden ihre Arbeit machen zu lassen, sagte er lediglich.

Ärger über Uhl

Auf Unverständnis stieß derweil CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl, der erneut den Einsatz der Vorratsdatenspeicherung als Mittel im Kampf gegen Terrorismus verlangte. Taten wie die in Norwegen „mögen von radikalisierten Einzelnen begangen werden, geplant werden sie im Internet“, erklärte er. Deshalb müssten die Sicherheitsbehörden „stärker als bisher im Netz auf Streife gehen“. Sie müssten, wenn sie strafbare und extremistische Inhalte entdecken, diese einem bestimmten Urheber zuordnen können. „Dazu sind sie nur mit der Vorratsdatenspeicherung in der Lage.“ Das Justizministerium äußerte sich nicht zu der Forderung. „Jetzt ist Zeit für Mitgefühl und Reflexion“, kommentierte ein Sprecher die neu entbrannte Debatte.

Schärfer reagierten die Jungen Liberalen. Der Bundesvorsitzende der JuLis, Lasse Becker, sagte der Nachrichtenagentur dapd, er sei „absolut angewidert davon, wie Herr Uhl versucht aus der Tragödie in Norwegen politisches Kapital zu schlagen“. Die Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch nannte Uhls Äußerung „bedrückend“. Sie betonte: „Eine Vorratsdatenspeicherung hätte die Tat nicht verhindert.“ Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck forderte den CSU-Politiker im „Handelsblatt“ (Online) auf, „zurück auf den Boden der Tatsachen“ zu kommen, statt „auf dem Rücken der Opfer eine ideologisierte Debatte fortzusetzen“.

Kritik auch an Polizeigewerkschaftsvorsitzendem

Auf Empörung stieß auch ein Vorschlag des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, wonach auffällig gewordene Personen registriert und identifiziert werden müssten. Die Äußerung suggeriere, dass man mit technischen Mitteln entschlossene Einzeltäter frühzeitig aufspüren und unschädlich machen könnte, widersprach der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. „Die Wahrheit ist, dass das nicht möglich sein wird und wir akzeptieren müssen, dass das Ausrasten einzelner Verrückter nicht zu verhindern ist.“