Was ist Flüchtlingen zumutbar – und was den Anwohnern? Blick ins Aufnahmelager Meßstetten Foto: dpa

Unter dem Druck steigender Flüchtlingszahlen will die Landesregierung Asylunterkünfte auch in Gewerbegebieten ermöglichen. Zumindest vorübergehend solle dies erlaubt werden, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Stuttgart - Unter dem Druck steigender Flüchtlingszahlen will die Landesregierung Asylunterkünfte auch in Gewerbegebieten ermöglichen. Zumindest vorübergehend solle dies erlaubt werden, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Baden-Württemberg berät derzeit mit anderen Ländern eine Initiative für den Bundesrat. Bisher haben die Gerichte eine Wohnnutzung von Gewerbeflächen untersagt, so etwa in Fellbach. Dies sei „gebietsunverträglich“, heißt es in einem Beschluss des VGH. Mit einer Änderung des Baugesetzbuchs soll diese Hürde fallen. „Ich höre, dass dort Liegenschaften verfügbar sind, die wir sonst nicht nutzen können“, sagte Kretschmann. In welchem Umfang, ließ er offen. Zwar gebe es Bedenken, und in regulären Zeiten seien diese auch berechtigt, doch in Krisen müsse man sie außer Acht lassen.

In diesem Jahr rechnet das Land mit der Ankunft von insgesamt 23 000 Flüchtlingen. Ein erstes Dach über dem Kopf erhalten sie in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Karlsruhe und von Oktober an in Meßstetten. Später sollen auch in Tübingen, Mannheim und Freiburg solche Anlaufstellen entstehen – und zwar dauerhaft, wie Integrationsministerin Bilkay Öney betonte. Meßstetten soll nur bis 2016 betrieben werden. Die Regierung plant, die Kapazität der Erstaufnahme auf 4000 Plätze zu erhöhen.

Offen ließ Kretschmann, ob Baden-Württemberg am Freitag der vom Bund geplanten Änderung des Asylrechts zustimmt. Dabei sollen Serbien und andere Balkanstaaten zu sicheren Herkunftsgebieten erklärt werden, was die Asylverfahren für Flüchtlinge aus diesen Ländern verkürzt. Die Grünen lehnen dies bisher ab. „Ich verspüre Druck von allen Seiten, das ist eine schwierige Entscheidung“, sagte der Regierungschef. Zum Markenkern der Grünen gehöre nun mal, sich zur humanitären Verpflichtung Deutschlands zu bekennen.