Eine afghanische Flagge weht in der Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Hier werden schon seit Jahren Flüchtlinge untergebracht. Das Foto zeigt die provisorische Unterkunft im Jahr 2014. Foto: dpa

Die bayerische Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn, wo drei Afghanen über eine junge Frau hergefallen sind, hat viel Erfahrung mit Flüchtlingen. Umso mehr ärgert sich die Bürgermeisterin über „drei Grattler von außen, die alles kaputt machen“.

München - Wellen der – politisch einschlägigen – Empörung ziehen durch Deutschland. „Auf Facebook ist die Hölle los“, sagt Ursula Mayer: „Da schreiben Leute Kommentare, die sind unter aller Kanone. Das geht gar nicht.“ Doch ausgerechnet in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, wo sich vor einer Woche alles abgespielt hat, bleiben die Menschen offenbar gelassen. Ganze sechs E-Mails, sagt Bürgermeisterin Mayer, habe sie bekommen; „und von denen stammten vier aus anderen Bundesländern.“

In Höhenkirchen-Siegertsbrunn sind vergangenen Freitag drei afghanische Asylbewerber über eine 16-jährige hergefallen. Zwei von ihnen vergewaltigten die Jugendliche auf offener Straße; dann ging ein Einheimischer dazwischen und verhinderte die dritte Gewalttat. Die Polizei, ohnehin in der Nähe, nahm die jungen Männer fest. Seit diesem Donnerstag befindet sich auch der letzte Täter, der zunächst auf freien Fuß gesetzt wurde, in Untersuchungshaft.

Der Hintergrund: Party, Alkohol und Streit

Bisher hat die Polizei folgendes rekonstruiert: die 16-jährige war schon seit einigen Tagen zu Besuch in der Flüchtlingsunterkunft am Ort. Man feierte eine Party; es floss Alkohol. Flüchtlinge gerieten in Streit, und gegen 20 Uhr zog die junge Deutsch-Italienerin zusammen mit den drei Afghanen in Richtung S-Bahn davon, soweit offenbar in bestem Einvernehmen. Dann geschah die Tat.

Höhenkirchen-Siegertsbrunn hat 11 000 Einwohner und liegt im Südosten von München. Mit Flüchtlingen hat man dort viel Erfahrung. Nicht nur – wie es der örtliche Helferkreis Asyl mitteilt –, dass im Jahr 1950 mehr als ein Drittel der Einwohner selber aus Vertriebenen bestand. Seit den Jugoslawienkriegen hat die Gemeinde immer wieder Asylsuchende aufgenommen und Spätaussiedler aus Russland, sogar mehr als verlangt. Heute mit fast 300 Plätzen, sagt Bürgermeisterin Mayer, „erfüllen wir die Zuweisungsquote zu 200 Prozent.“ Die Gemeinde mache das „aus humanitären Gründen“. Und, so ergänzt die CSU-Frau: „Ich muss sagen, wir schaffen das.“

Es ist in der ganzen Zeit, auch in den 15 Jahren, in denen Mayer nun Bürgermeisterin ist, nie etwas vorgefallen, „das über die normalen, kleinen, internen Reibereien zwischen verschiedenen Nationen hinausging“. Und jetzt „kommen, auf bayerisch gesagt, drei so Grattler und machen alles kaputt.“

Jahrzehntelang alles friedlich

Auch die Polizei erklärt, einen „Kriminalitätsschwerpunkt“ habe sie in den Unterkünften am Ort bisher nie gesehen; die Zusammenarbeit mit der Heimleitung sei „sehr, sehr gut“.

Polizei und Gemeinde legen denn auch Wert auf eine Feststellung: die drei gewalttätigen Afghanen, die gehörten gar nicht zu den beiden bestens betreuten Flüchtlingsheimen am Ort; sie waren nur zur Party gekommen, eingeladen von einem Landsmann, den man – heißt es bei der Caritas – schon länger als Störenfried unter Beobachtung habe, gegen den aber die Regierung von Oberbayern als zuständige Behörde nicht eingeschritten sei.

Beunruhigt durch ein paar weitere von Zuwanderern verübte Sexualdelikte, hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am Mittwoch schärfere Überwachungen angekündigt, besonders in der Nähe von Flüchtlingsheimen. Aber auch er musste bei seiner heiklen Auswertung der Statistik einräumen: Wenn in Bayern zwischen 2016 und 2017 die Zahl gerade der schwersten Sexualdelikte um 222 zugenommen hat, die Zahl der verdächtigten Zuwanderer aber nur um 66, dann sei „ganz eindeutig, dass die Mehrzahl der zusätzlichen Tatverdächtigen eindeutig auch deutsche Tatverdächtige sind.“