Das Flüchtlingsheim beim Bürgerhospital in der Tunzdorfer Straße Foto: Achim Zweygarth

Wie geht es mit Flüchtlingen weiter, deren Asylstatus anerkannt ist? Wo wohnen sie, was arbeiten sie? Der Caritasverband Stuttgart begreift diese Fragen als große Herausforderung und engagiert sich auf beiden Feldern, finanziert aus Eigenmitteln und Geld aus dem bischöflichen Flüchtlingsfonds.

Stuttgart - Der Caritasverband betreut 3200 Flüchtlinge in 26 Gemeinschaftsunterkünften. Eines der größten Asylheime ist in der Tunzhofer Straße beim Bürgerhospital eingerichtet, 1300 Menschen leben dort. Etliche von ihnen würden gern arbeiten, einen Beruf erlernen oder sich qualifizieren. Deshalb ist dort seit Januar ein Büro eingerichtet, wo vier Sozialarbeiter Kompetenzen, Qualifikationen und beruflichen Erfahrungen der ankommenden Flüchtlinge aufnehmen. Ziel ist laut Fritz Weller, Bereichsleiter Migration beim Caritasverband, eine Berufswegeplanung sowie die Vermittlung in Praktika oder Hospitationen. Ortsansässige Betriebe können auf einer Website nachsehen, welcher Bewerber welche Fähigkeiten mitbringt.

Rechtlich gibt es für solche Praktika oder Ausbildungsverhältnisse keine Probleme. Anders ist das bei der Vermittlung in einfache Jobs, denn vom dritten bis zum 15. Monat des Aufenthalts eines Asylbewerbers dürfen einfache Tätigkeiten erst an ihn vergeben werden, wenn dafür kein EU-Bewerber zur Verfügung steht. „Dieser so genannte nachrangige Zugang zum Arbeitsmarkt ist die höchste Hürde“, sagt Weller, „gäbe es die nicht, würde das die Integration der Menschen sehr erleichtern.“

Berührungsängste bei Vermietern

Bis zum Dezember 2018 finanziert der Verband das Projekt Zifa (zielgerichtete Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeit) mit 700 000 Euro aus Eigenmitteln. Ob Zifa Schule machen sollte, wird die Hochschule Koblenz am Ende ihrer wissenschaftlichen Begleitung feststellen. Sicher ist, dass der Verband 20 Ausbildungsplätze in der Altenhilfe vorhalten möchte. Asylbewerber könnten in den ersten beiden Jahren eine Lehre zum Altenpflegerhelfer, in zwei weiteren die Ausbildung zur Altenpflegerfachkraft machen.

„Noch fehlen passende staatliche Strukturen für die berufliche Integration der Menschen“, stellt Fritz Weller fest. Dasselbe gilt auch für das künftige Wohnen für Asylbewerber. Auf dem privaten Wohnungsmarkt, so Caritasdirektor Raphael Graf von Deym, gebe es „eine gewisse Bereitschaft, an die Interessenten aus den Sammelunterkünften zu vermieten, aber wir haben es auch mit Berührungsängsten zu tun.“

Caritas nutzt die Erfahrungen aus der Obdachlosenhilfe, tritt als Mieter auf, betreut die Flüchtlinge nach dem Umzug in den eigenen vier Wänden und stellt selbst Wohnraum zur Verfügung: In der Paulinenstraße, in der Danneckerstraße als Zwischennutzung, in Botnang, in Bad Cannstatt und bald in Untertürkheim. Von Deym setzt auch auf das private Engagement: „Wir werben an diesem Wochenende im Pfarrbrief um zusätzlichen Wohnraum.“

Einsatz für Traumatisierte wirkt

Die Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften wird parallel bis auf Weiteres bestehen bleiben. Zur Betreuung traumatisierter Flüchtlinge hat Caritas seit 2014 zehn Mitarbeiter eingesetzt – und wetzt auch dort eine Lücke aus: „Es dauert mitunter ein Jahr, bis ein Erstgespräch bei einer Institution zustande kommt“, sagt Fritz Weller. Stattdessen nehmen die Caritas-Mitarbeiter in der Tunzhofer Straße, im Neckarpark und in Möhringen schon nach den ersten drei bis vier Wochen das Gespräch mit Traumatisierten auf. Von Mai an kommen zusätzlich zwei Psychologinnen zum Einsatz.

Das Konzept hat sich als hilfreich erwiesen, sagt Weller, und schildert den Fall eines Eritreers, der mit dem Messer unterm Kopfkissen schlief und völlig verwahrlost war. Seine Mitbewohner in der Gemeinschaftsunterkunft empfanden ihn als psychische und olfaktorische Belastung. „Nach ein paar Gesprächen war das Messer verschwunden und er fing an, sich und seine Wäsche zu waschen“, versichert Weller.

Schulbegleiter gesucht

Bezahlt werden die Projekt-Mitarbeiter für drei Jahre aus dem bischöflichen Fonds Flüchtlingshilfe und aus Eigenmitteln, mit 1,132 Millionen Euro. Hinzu kommen 420 000 Euro für die Ausbildung eigener Ehrenamtlicher zur Betreuung von Flüchtlingen außerhalb von Sammelunterkünften und für die Vermittlung zwischen Sozialarbeitern und Flüchtlingsfreundeskreisen.

Je mehr den Sozialarbeitern abgenommen werden kann, um so besser. „Wir bieten vier Mal pro Woche Beratung an, aber wenn fünf oder zehn vor der Tür stehen und warten, können wir nicht auf die persönliche Notlage der Leute eingehen“, sagt Lisa Maisch, Pädagogische Heimleiterin in Möhringen.

Neu hinzu kommt jetzt das Feld der Schulbegleitung. „Bis jetzt haben wir zwei Studenten und einen Rentner gewonnen, die drei Grundschülern ohne deutsche Sprachkenntnisse helfen“, sagt Ulrike Holch, die Leiterin des Freiwilligenzentrums Caleidoskop. Sie prognostiziert: „Der Bedarf wird zunehmen.“ Gleichwohl werde es nicht einfach sein, dafür Freiwillige zu gewinnen – sie müssen von 8 bis 13 Uhr am Unterricht teilnehmen und sich mindestens für ein halbes Jahr verpflichten.