Wikileaks-Gründer Julian Assange soll in Schweden eine Frau misshandelt haben.

Stockholm - Es wird eng für den weltweit gefeierten und gehassten Kämpfer für Transparenz und Gerechtigkeit im Internet. Wikileaks-Gründer Julian Assange, der in seinem Internet-Forum unter anderem geheime US-Militärdokumente über den Irakkrieg der Weltöffentlichkeit zugänglich machte, könnte ein kurzer Besuch in Schweden zum großen Verhängnis werden.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Assange der Vergewaltigung, sexuellen Belästigung und Nötigung. Ein Gericht in Stockholm hat am Donnerstag zum zweiten Mal Haftbefehl gegen den Australier erlassen. Die leitende Staatsanwältin Marianne Ny erklärte, der Beschuldigte habe bislang nicht zu den Ermittlungen ausgesagt. Er scheint spurlos verschwunden. Nun wolle man ihn zur internationalen Fahndung ausschreiben.

Die Polizei hatte die Ermittlungen gegen Assange Anfang August aufgenommen. Die Anschuldigungen zweier Frauen aus Stockholm und der rund 20000-Einwohner-Gemeinde Enköping kamen vier Wochen nach der Veröffentlichung von brisanten Geheimdokumenten über den Afghanistankrieg auf der Plattform Wikileaks.

Assange weist Vorwürfe zurück

Assange wies die Vorwürfe umgehend zurück und erklärte, dass sie gerade jetzt erhoben würden, sei "zutiefst beunruhigend". Er deutete an, dass sie aus Reihen des Pentagons kommen könnten. Sein Internet-Forum ist eine Art toter Briefkasten, über den geheime Informationen aus Regierungen und Organisationen anonym veröffentlicht werden können.

Assanges Anwalt, Mark Stephen, sagte, beide Frauen hätten zunächst erklärt, einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit Assange gehabt zu haben, und erst später ihre Aussage geändert. Tatsächlich wurde der erste Haftbefehl innerhalb eines Tages zurückgezogen. Seitdem wechselte die Zuständigkeit zwischen drei Staatsanwältinnen, die die Verdachtsmomente gegen Assange jeweils unterschiedlich bewerteten.

Sein Anwalt gibt an, sein Mandant habe mehrfach signalisiert, für Befragungen zur Verfügung zu stehen, bevor er Schweden verlassen habe. Später habe er das Angebot von Großbritannien aus wiederholt. Der 39-Jährige habe angeboten, seine Aussagen persönlich oder per Telefon, Videokonferenzschaltung, E-Mail oder eidesstattlicher Erklärung zu machen. Doch sein Angebot sei von der schwedischen Staatsanwältin abgelehnt worden.

Drakonische Gesetzgebung

Gerade im überdurchschnittlich emanzipierten und durch breite Teile der Gesellschaft feministisch geprägten Schweden gilt die Gesetzgebung bei Vergewaltigungen als besonders drakonisch. Die Grenzen werden deutlich feiner angesetzt als in anderen EU-Ländern.

Den mutmaßlichen Opfern wird häufig viel rechtsstaatliches Entgegenkommen bei der Beweislage geschenkt. Ein bekannter Verteidiger beklagte vor einigen Jahren in einem Leitartikel der überregionalen Zeitung "Svenska Dagbladet" die Rechtsunsicherheit für junge Männer. Tatsächlich gibt es auch dokumentierte Fälle, in denen Männer in Schweden zu Unrecht wegen Vergewaltigung zu mehreren Jahren Haft verurteilt wurden.