Achtung: vor manchem Bananenkauf wird gewarnt. Foto: Mauritius

Wie stellt man Fläche für den Bau einer Asylbewerberunterkunft so zur Verfügung, dass man es im eigenen Ort kaum merkt? In Asperg hat man so etwas wie Überseegebiete gefunden. Sie liegen jenseits der Autobahn. Ganz nah und doch so fern.

Kreis Ludwigsburg - Was hat Asperg mit Bananen zu tun? Auf den ersten Blick nicht sehr viel. Wer sich aber ein bisschen mit der krummen Frucht beschäftigt, kommt der Sache etwas näher: Von den Bananen kann man nämlich lernen. Und von Frankreich auch. Denn obwohl der französische Nachbar nicht in einer tropischen Vegetationszone liegt, kann er mit der gelben Frucht als einheimisches Obst aufwarten. Frankreich ist größer, als man denkt. Das vergisst man manchmal. Es reicht weit in die Weltmeere hinaus – und ist damit fein raus. Bei der Bananenbeschaffung beispielsweise. Sich ein wenig in der Botanik und Geografie auszukennen, hat also enorme Vorteile. Von diesen beiden Disziplinen lernen, heißt in Distanzen denken. Doch oftmals liegt das Praktische ja viel näher, als man gemeinhin denkt.

Die Sache mit den Überseegebieten ist auf alle Fälle schon mal fein. Und wahrscheinlich ist irgendjemandem in Asperg die Sache mit dem jüngsten Grundstücksangebot für eine Asylbewerberunterkunft an den Landkreis beim Einkaufen im Supermarkt in den Sinn gekommen. Man kommt ja oft vom Hölzchen aufs Stöckchen, wenn die Gedanken schweifen und man seinen Einkaufszettel durchgeht.

Überseegebiete schaffen Handlungsoptionen

Wir wissen ja nicht, wo der Asperger Bürgermeister Ulrich Storer einkauft. Aber irgendwann muss sich in sein Hirn der Gedanke geschlichen haben, dass ein paar überseeische Liegenschaften ganz praktisch für die Handlungsoptionen seiner Stadt sein könnten. Denn die Flüchtlingszahlen steigen, und jede Kommune wird vom Landkreis bei der Aufnahme von Asylbewerbern in die Pflicht genommen. Storer sagt auch selbst: „Wir wollten dem Landkreis, der in Not ist, helfen.“ Vielleicht hat er auch darauf gesetzt, dass der Landrat bekennender Romanist ist und dem frankophilen Gedankengut aufgeschlossen gegenüber steht.

Denn ganz so altruistisch ist das Angebot Aspergs nicht. Ein bisschen wollte Asperg auch sich selbst helfen und schon mal die Quote bei der Asylbewerberunterbringung im Voraus erfüllen. Und wo bringt man die Menschen dann unter? Ganz nah, aber doch fern.

Denn es gibt natürlich keine Kommune in der Region, die über überseeischen Besitz verfügt. Auch Asperg logischerweise nicht. Aber es muss ja nicht immer ein Meer sein, das Welten, Länder oder auch nur Grundstücke voneinander trennt. Manchmal reicht schon eine mehrspurige Autobahn, um einen realen Mini-Abstand faktisch zu vergrößern.

Genauso verhält es sich in Asperg. Ein Zipfelchen der Stadt liegt jenseits der A 81. Für Quote und Statistik ist das zwar noch Asperger Gemarkung. Gefühlt beginnt jenseits der Rennpiste aber bereits Eglosheim. Nur ein einziges Wegchen führt von Asperg in die Asperger Exklave. Viele Wege führen hingegen von Eglosheim auf das Gebiet. Chapeau!

Faul-Ei-Spiel mit Menschen

In Eglosheim und erst im Ludwigsburger Rathaus ist man deshalb mächtig sauer wegen der Unterkunftsidee. Zumal das Asperger Rathaus das Grundstück dem Kreis angeboten hat, ohne vorher zum Telefonhörer zu greifen, um von Chef zu Chef von diesem Autobahn-übergreifenden Vorhaben zu berichten. Erfahren haben die Ludwigsburger von dieser Idee erst durch einen Anruf des Kreises. Dabei hatte doch die Zusammenarbeit mit Asperg bei den nun zu den Akten gelegten Plänen zur H4B4-Trasse rund um Eglosheim noch so perfekt funktioniert. Aber Schmusen war einmal.

Jetzt verlassen wir lieber die Bananenmetapher. Wir wollen schließlich nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Denn nun wird’s richtig bös. Die Verschieberei zwischen den Kommunen, die einem unwürdigen Faul-Ei-Spiel gleicht, hat ja auch eine sehr menschliche Dimension. Es soll Länder geben, da kampieren Menschen aus purer Not auf den Mittelstreifen von Überlandstraßen. Das können und wollen wir uns im reichen Landkreis Ludwigsburg nicht vorstellen. Wir gehen also bis auf Weiteres von einem Versehen aus. Einer Absence beim Bananeneinkauf sozusagen.