Sonnenaufgang über dem Wandergebiet Warth-Schröcken Foto: Warth-Schröcken Tourismus / Herbert Wackerle

Beim Wandern in der Region Warth-Schröcken kann man erstaunliche Entdeckungen machen: Thai-Küche auf der Hütte, Walsersiedlungen und Bergseen am Wegesrand. Und täglich grüßt das Murmeltier.

Warth - Gemütlich geht es zur Mittagszeit auf der Auenfelder Hütte zu, keiner scheint es eilig zu haben. Nach und nach treffen die Wanderer auf der Terrasse ein, imposant erhebt sich die Juppenspitze hinter dem Dachfirst. Man kann sie trefflich betrachten, ohne sie gleich besteigen zu müssen. „Walser Genusstage“ heißt das gebuchte Programm im Tannberggebiet zwischen Schröcken, Warth und Lech, und das nimmt man nun ganz wörtlich und schaut einmal, was die Karte so bietet. Thai-Frühlingsrollen beispielsweise, und während man sich noch wundert, kommt die Thailänderin, genannt Mini, aus der Küchentüre. Selbst gemacht seien sie, versichert die Köchin, und so schmecken sie auch. Mini wohnt eigentlich in Oberösterreich, kocht aber seit zehn Jahren beim Wirt Martin auf der Hütte. Martin wiederum kommt aus Schröcken, träumte schon als junger Skilehrer von der eigenen Hütte, die er dann 2003 endlich bauen konnte – nachdem der Abwasser-Kanal fertiggestellt war, denn mit einer Sickergrube geht es heutzutage nicht mehr. Nun ist er den zwölften Sommer auf der Hütte, wo es so geruhsam zugeht, dass man zwischendurch mit den Gästen schwatzen und einen Honig-Williams („ein Weiberschnaps“, sagt er) ausgeben kann. Die Hauptsaison ist der Winter, und die Dimension der Terrasse lässt ahnen, was dann abgeht hier oben.

Mit dem Bus war die kleine Wandergruppe von Warth nach Lech gefahren, bis Oberlech mit der Gondelbahn geschwebt und über den Auenfeldsattel und die Auenfeldalpe hinübergewandert. Begleitet vom Läuten der Kuhglocken, die Almen hier oben werden allesamt noch bewirtschaftet, und so muss man sehen, wohin man tritt. Immer mal wieder gilt es, ein Gatter zu öffnen oder durch ein Drehkreuz zu gehen, das die Herden trennt. Die Wiesen blühen in großer Vielfalt, 48 Arten habe ein Biologe gezählt, berichtet Bergführer Christian, auf einem Quadratmeter!

Für die Tannberg-Wanderungen arbeiten die drei Gemeinden Warth, Lech und Schröcken zusammen. Wer mag, kann sich an zwei von drei „Genusstagen“ einer geführten Tour anschließen. Zur Begrüßung gibt es eine detaillierte Karte und ein Begleitbuch, so dass man sich auch alleine auf den Weg machen kann. 57 „Tannberg-Bänke“ säumen die markierten Wanderwege, und jede trägt eine Inschrift, die wiederum zu einer Geschichte führt. Beispielsweise der des Tannberg-Gerichts, das der Region den Namen gab: Vor 700 Jahren kamen die ersten Siedler aus dem Wallis hier in den hinteren Bregenzer Wald. Diese „Walser“ wussten, wie man in diesen Höhen wirtschaften muss, um zu überleben. Und sie hatten eine eigene Gerichtsbarkeit: Zunächst tagte das Tannberger Gericht just hier auf dem Auenfeld, das damals ganzjährig bewohnt war und später im „Großen Haus am Lech“, dem „Weißen Haus“. Bis 1808 hatte das Gericht Bestand, die „Mittelberger“ Walser aus dem heute bayerischen Kleinwalsertal gehörten bis zum Jahr 1563 ebenfalls dazu, bevor sie ihren eigenen Gerichtsstand bekamen.

Murmeltierfett ist als Medizin beliebt

Über den Salobersattel geht es weiter nach Hochkrumbach, eine kleine, schindelbedeckte Kirche zeigt sich wunderbar vor dem Widderstein. St. Jacobus am Simmel sei das, sagt Christian, und das Kirchlein, übergeblieben vom verlassenen Dorf, hat wiederum eine fantastische Geschichte: Vor wenigen Jahren schlug der Blitz ein, und der gesamte Turmhelm fiel herunter. Eine Bruderschaft zur Sanierung der Kapelle wurde gegründet, der Turmhelm im Tal saniert – in der Kugel fand man noch die alten Schriften der Zimmerleute – und per Hubschrauber wurde der Helm wiedergebracht und aufgesetzt. Eines von fünf Weltfriedenskreuzen steht daneben.

Diese Details kennen Stefan Strolz, Bürgermeister von Warth, und auch Herbert Schwarzmann, sein Kollege aus Schröcken. Am Abend sitzt man im Gasthof Tannberg in Schröcken zusammen, isst feines Hirschragout mit hausgemachten Spätzle und kommt ins Plaudern. Später setzt sich noch der Wirt dazu, Fritz Moosmann, Koch und selbst begeisterter Jäger: Gämsen seien das Hauptwild, das hier oben geschossen wird, ab und zu ein Murmeltier, die Zahl ist begrenzt. Nur wenige Fans mögen das Fleisch, aber das Murmeltierfett sei begehrt, helfe es doch bei knirschenden Knochen und Rheumatismus. Der alte Arzt schickte ihm immer mal wieder ein Mütterlein herüber, ein Gläschen zu holen.

Der Winter ist mächtig

Kein Abend ohne eine Lawinengeschichte, zu mächtig ist hier oben der Winter. Auch der Seniorchef des Warther Hofes, Oswald Jäger, war dereinst verschüttet worden. Ohnmächtig unter der betonschweren Last, hatte er das sagenhafte Glück, bei einem letzten Suchgang mit der Sonde geortet worden zu sein. Das Auto fand man erst im Frühjahr wieder.

Heute führt er die Gäste gerne und beständigen Schrittes auf die Berge, bald jede Woche einmal steigt er auf das Warther Horn vor seiner Haustür. Mit dem Steffisalmlift lässt sich ein guter Teil der Höhe überwinden, so dass es dann nur noch 300 Höhenmeter bis zum Gipfel sind. Wer vom Lift nach unten schaut statt in die Luft, kann hier und da ein „Murmele“ erkennen, wie sie die kleinen Pflanzenfresser hier nennen. Ihr Pfeifen war schon öfters zu hören.