Viele Männer wollen es nicht wahrhaben: Gerne wird es als Legende

Viele Männer wollen es nicht wahrhaben: Gerne wird es als Legende abgetan, dass es Bertha Benz - und eben kein Mann - war, die 1888 mit einem Benz Motorenwagen 180 Kilometer zurücklegte. Ein Buch, das gestern im Mercedes-Benz-Museum präsentiert wurde, stellt die mutige Frau und ihre Fahrt vor.

Von Andrea Jenewein

STUTTGART. Es sind nicht nur mehrere Jahrzehnte, sondern scheinbar ganze Welten, die die beiden Frauen trennen. Doch Bertha Benz (1849-1944) und Janis Joplin (1943-1970) haben mehr Berührungspunkte, als man gemeinhin denkt.

Vor allem: Sowohl die Pionierin des Automobils als auch die amerikanische Bluessängerin waren beides starke Frauen, die sich in einem männerdominierten Bereich durchsetzten und ihre eigenen Entscheidungen trafen.

"Als unsere Söhne Richard und Eugen in den Sommerferien 1888 ankamen, sie wollten mit dem Wagen eine Reise machen, dachte ich, das würde meiner Mutter eine große Freude bereiten, wenn wir sie besuchen. Aber Carl hätte das nie erlaubt", schrieb Bertha Benz.

Sie fuhr freilich trotzdem von Mannheim nach Pforzheim und wieder zurück. Somit war Bertha Benz der erste Mensch weltweit, der eine Fernfahrt im Benzinauto unternahm, welches ihr Mann Carl Benz 1886 in Mannheim erfunden hatte. Sie verhalf dem Auto und ihrem Mann damit zu Weltruhm.

Ruhm erlangte auch Janis Joplin. Und ihre Musik erklingt denn auch, als die Autorin und Fernsehmoderatorin Angela Elis am Donnerstagabend erstmals ihr Buch "Mein Traum ist länger als die Nacht" im Mercedes-Benz-Museum präsentiert.

Angela Elis erzählt in ihrer Romanbiografie, aus der sie kurze Passagen vorliest, die Lebensgeschichte der beiden Pioniere, die sie folgendermaßen charakterisiert: "Er hat das Wissen, sie ist die treibende Kraft. Wenn er verzweifelt ist, drängt sie vorwärts." Waren Carls Lebensträume auch Berthas Lebensträume? Elis glaubt ja: Von einer heimlichen Fahrt Berthas könne keine Rede sein. Vielmehr fährt sie anstelle von Carl Benz los, weil Benz eine weite Fahrt von den Behörden verboten worden ist. Zudem lässt sich Bertha Benz, geborene Ringer, vorzeitig ihre Mitgift auszahlen, um mit diesem Kapital Carl die Weiterführung seiner Firma zu ermöglichen. Und als sie verheiratet sind, hilft sie schon mal beim Anschieben, wenn die Motoren versagen.

Schieben muss Bertha Benz auch auf ihrer Fahrt nach Pforzheim: "Es gab Schwierigkeiten, denn wir hatten für die Steigungen keinen kleinen Gang. Da haben Richard und ich öfter schieben müssen", schreibt sie.

Eine von männlichem Stolz geprägte Auslegung der Geschichte besagt, dass die beiden Söhne nicht nur beim Schieben helfen, sondern das Gefährt auch steuern. Doch die beiden Buben sind damals gerade einmal 13 und 15 Jahre alt. Außerdem muss Bertha Benz so manche Kleinigkeit mit weiblichem Geschick und "Werkzeug" wieder in Ordnung bringen: sei es die Reinigung der verstopften Benzinleitung mit einer Hutnadel oder die Isolierung des durchgescheuerten Zündkabels mit einem Strumpfband.

Elis erzählt von einer Liebe, in der Träume stärker sind als die Realität. Joplin träumt in ihrem bekanntesten Song von einem Mercedes-Benz. Im wahren Leben fuhr sie einen psychedelisch lackierten Porsche.