So könnte der neue Marktplatz aussehen Foto: Architektengruppe Eggert und Partner

Die Pläne für die Umgestaltung des Marktplatzes liegen seit neun Jahren im Rathaus in einer Schublade. Sie zeigen einen simplen Kniff, wie der Platz attraktiver werden könnte: die Umsiedlung des Marktbrunnens.

Stuttgart - Drei Vormittage in der Woche pulsiert das Leben vor dem Rathaus. Dienstag, Donnerstag, Samstag. Der Wochenmarkt macht aus einem schlichten Platz ein attraktives Zentrum. „Danach ist jedoch wieder Ödnis angesagt“, kritisiert Heinz Reinboth von der Interessengemeinschaft Königstraße. Reinboth ist Handelsexperte und sieht mit Missfallen die Entwicklung des Marktplatzes, „der einer Landeshauptstadt nicht würdig ist.“

Der Platz sei eine Schande.

Damit spricht er die generelle Haltung der Stadt an. Auch im Fall des Gebäudes, in dem zuletzt Haufler am Markt seine Geschäfte gemacht hatte. Inzwischen hat ein Immobilien-Investor das Haus gekauft und dürfte es zu Höchstpreisen weiter vermarkten. Vermutlich an einen potenten Filialisten, der dann Bettwäsche, Kaffee, Schmuck oder sonst etwas verkauft. An ein gastronomisches Angebot ist eher nicht zu denken. Das wird zwar seit dem Abgang des Café Scholz auf dem Marktplatz schmerzlich vermisst, aber die horrenden Mieten kann sich kein Wirt leisten. „Ich bedauere, dass die Stadt nicht den Mut hatte, das Gebäude zu kaufen, um so Einfluss auf die Gestaltung des Marktplatzes zu nehmen“, sagt Reinboth.

Kommune verwaltet nur, statt zu gestalten

Sein Vorwurf lautet: Im Rathaus wird nur verwaltet, nicht gestaltet. Dem widerspricht Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne): „Der Marktplatz hat seine Mängel aber auch seine Stärken, was jede Woche drei Mal zu erleben ist, wenn Markt ist. Im Zuge der Ratskeller Neuvergabe wird es sicherlich auch eine attraktive gastronomische Nutzung bei den Platanen geben.“

Dabei gibt es andere Ideen, wie der Marktplatz mit einfachen Mitteln attraktiver werden könnte. Der Stuttgarter Uwe Eggert hatte sie bereits vor neun Jahren dem scheidenden Baubürgermeister Hahn vorgelegt. Damals war lediglich ein Ideen-Wettbewerb für einen neuen Belag und die Beleuchtung auf dem Marktplatz ausgeschrieben: Aber Eggert lieferte einen großen Gestaltungswurf mit. Seitdem liegen die Entwürfe in der Schublade. „Die bisherigen Stadtväter hatten kein Gefühl für Kultur“, mutmaßt Eggert und schildert seinen Wurf, der ganz einfach klingt. „Man muss einfach den Marktbrunnen aus seiner Kuhle holen und wieder an seinen ursprünglichen Platz setzen.“

Dies ist freilich nur ein Teil seines Gesamtkonzeptes, aber ein gewichtiges. „Wenn er wieder dort stünde“, erklärt Eggert, „wäre er in den Sichtachsen zu allen zuführenden Straßen.“ Der Architekt zeigt auf eine Grafik, die das verdeutlicht. An dem ursprünglichen Ort gäbe der Marktbrunnen dem Platz wieder „ein Image“, wie Eggert sagt, „es wäre der erste Schritt die Geschichte der Stadt wieder sichtbar zu machen“.

Brunnen muss zurück an seinen ursprünglichen Platz

Seine weiteren Schritte wären: An die Stelle, wo der Brunnen bisher steht, Springbrunnen (wie etwa am Mailänder Platz) und Kunst zu installieren. „Wir haben so viele hochkarätige Künstler im Land, die hier überhaupt nicht sichtbar sind“, reklamiert Eggert und denkt etwa an Oskar Schlemmer. Auch hier zeigt er auf eine Grafik, um zu beweisen, wie einfach der Marktplatz mit Kunst aufzuwerten wäre. Auch die kubistische Betonfassade von Breuninger aus den 1960er-Jahren würde er gleich dem neuen Erscheinungsbild anpassen: „Diese Fassade gehört verkleidet.“ Und eine Tiefgarage, um die Infrastruktur für den Handel zu verbessern, sei auch denkbar. Bei diesen Arbeiten wäre es zudem möglich den Belag angemessen zu gestalten. Eggert würde dabei die Architektur des Rathauses mit seinen quadratischen Fenstern im Belag aufnehmen.

Nach Uwe Eggerts Schätzungen müsste „die Stadt etwa 25 oder 30 Millionen in die Hand nehmen“. Diese könnten jedoch in verschiedenen Bauabschnitte gestreckt werden, damit die Finanzierung im Stadthaushalt unterzubringen wäre. Dann, so glaubt der Architekt, hätte man wieder einen Raum, um Geschäfte und Gastronomen dahin zu bringen, wo sie einmal waren: „Die Rahmenbedingungen sind vorhanden, man muss dieses Zentrum einfach wieder aktivieren.“ Einem möglichen Einwand widerspricht Eggert, bevor er formuliert ist: „Weindorf, Weihnachtsmarkt und Wochenmarkt könnten auch nach einer Umgestaltung stattfinden. Sie würden von der neuen Ordnung profitieren.“ So sah es auch das Preisgericht des Ideenwettbewerbs vor neun Jahren: „Die neue Platzgestaltung bietet eine gute Funktionalität für alle Nutzungen, wie Markt, Weihnachtsmarkt, Weindorf und sonstige Veranstaltungen.“

Wölfle belächelt die Vorschläge

Werner Wölfle hält die Planungen des Architekten allerdings nur „für nette und sicher auch ansprechende Ideen“, aber letztlich nicht für umsetzbar: „Wenn der Architekt auch noch den Realisierer oder den berühmten reichen Onkel aus Amerika hat, dann . . .“

Bei Breuninger hat die Geschäftsführung eine andere Sicht auf den Marktplatz als der Grüne Bürgermeister. Bei Breuninger heißt es: „Wir begrüßen sämtliche Maßnahmen, die zu einer Belebung des Marktplatzes beitragen.“ Die Entwürfe des Architekten Eggert sind sogar dem ehemalige Breuninger-Chef Willem von Agtmael bekannt. Eggert hat sie vor Jahren van Agtmael präsentiert. „Er war angetan davon“, berichtet Eggert von dem Treffen. Auch heute ist Breuninger nicht abgeneigt. Aber offensichtlich rechnet das Traditionskaufhaus nicht mit weitreichenden Initiativen der Stadt bezüglich einer Aufwertung des Marktplatzes.

Breuninger plant daher selbst einen Beitrag zur Belebung des Platzes zu leisten. In den Räumen im Erdgeschoss des Kaufhauses, in denen derzeit noch die BW-Bank Mieter ist, könnte ab Juni 2016 ein Café eröffnen. „Allerdings hat die BW-Bank noch bis September einen Option, den Mietvertrag zu verlängern“, so ein Breuninger-Sprecher, „aber sollte der Vertrag nicht verlängert werden, könnten wir uns dort eine Verlängerung unserer eigenen Confiserie sehr gut vorstellen.“

Vorstellungskraft ist ein gutes Stichwort. Um die zu beflügeln, hat Uwe Eggert seine alten Pläne wieder hervor geholt.