Die personelle Lage hinter Gittern ist angespannt Foto: dpa

Strafvollzugsbedienstete im Land klagen über Personalengpässe. Die Situation führt seit Jahren zu Überstunden. Gewerkschaftschef Alexander Schmid fordert deshalb 200 bis 230 neue Stellen.

Stuttgart - Die personelle Lage in Baden-Württembergs Gefängnissen ist ziemlich angespannt. Die rund 2500 Justizvollzugsbediensteten im Land mussten deshalb im vergangenen Jahr 30 000 Überstunden leisten. Das teilte das Justizministerium auf Anfrage unserer Zeitung mit. Die Gesamtzahl der Überstunden kletterte damit auf 200 400. Umgerechnet sind das mittlerweile mehr als 80 Überstunden pro Beamten.

Der baden-württembergische Landesvorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), Alexander Schmid, sieht die Entwicklung mit Sorgen. „Wir haben deutlich zu wenig Personal“, sagte er unserer Zeitung: „Wir bräuchten 200 bis 230 Stellen, um wieder in die Spur zu kommen.“

In den vergangenen Jahren seien die Anforderungen im Justizvollzug stark gestiegen, die Personaldecke aber sei gleichgeblieben, sagte Schmid. Das führe zu Überlastung der Kollegen, die im schlimmsten Fall krank mache. Und krankheitsbedingte Ausfälle wiederum könnten oft nur durch Überstunden eines anderen Bediensteten ausgeglichen werden. Der BSBD-Landeschef nannte dies einen „fatalen Kreislauf“.

Hohe Arbeitsbelastung

Die Frage, wie viele Tage ein Bediensteter im Schnitt im vergangenen Jahr gefehlt hat, konnte das Justizministerium am Montag indes nicht beantworten. Die durchschnittlichen Krankheitstage würden erst erhoben. Unabhängig davon, sagte ein Ministeriumssprecher, sei die Arbeitsbelastung im Vollzug „ziemlich hoch“.

Um dem Überstundenwahn entgegenzuwirken, will das Land den Justizvollzugsbeamten einen freiwilligen finanziellen Ausgleich anbieten. Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen dafür seien bereits geschaffen, sagte der Ministeriumssprecher. Wie viele Bedienstete das Angebot annehmen und wie viele sich für einen Freizeitausgleich entscheiden werden, ist unklar.

Schmid findet den finanziellen Weg zwar „in Ordnung“ und lobt Justizminister Rainer Stickelberger (SPD), der „die Herausforderungen mit ersten Schritt“ angehe. An einem Stellenaufbau führe aus seiner Sicht aber kein Weg vorbei: „Sonst werden immer weiter Überstunden aufgebaut.“

Noch dramatischer als in Baden-Württemberg sind die Verhältnisse in Bayern. Dort liegt das Arbeitsplus der 4050 Bediensteten bei mittlerweile 523 200 Überstunden. Der Personalstand sei „auf Kante genäht“, sagte eine Sprecherin des bayerischen Justizministeriums. Bis 2018 würden deshalb 250 weitere Stellen geschaffen.