Die Schauspielerin Yousra Foto: Brigitte Lacombe

Vom 8. bis zum 15. April findet in Berlin das 6. Arabische Filmfestival (Alfilm) statt. Gezeigt werden 16 aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme sowie 15 Kurzfilme über die Veränderungen in der arabischen Welt.

Berlin - Arabische Frauen und ihr Verhältnis zu Gesellschaft, Arbeit und Familie: Seit dem Arabischen Frühling ist in Europa das Interesse an der Innensicht dieser Länder gewachsen. Diesem Interesse geht das 6. Arabische Filmfestival Berlin (Alfilm) nach. Mit 16 aktuellen Spiel- und Dokumentarfilmen sowie 15 Kurzfilmen wird vom 8. April an bis zum 15. April über Veränderungen in der arabischen Welt erzählt.

Ein thematischer Schwerpunkt sind Frauen vor und hinter der Kamera. Und da geht es kaum aktueller: In diesen Tagen steht der Jemen, ein Land mit einer hohen Analphabetenquote, vor einer politischen Zerreißprobe. Mit „The Mulberryhouse“ zeigt das 6. Alfilm-Festival eine Dokumentation der schottisch-jemenitischen Filmemacherin Sara Ishaq. Als Ishaq nach zehn Jahren Auslandsaufenthalt 2011 nach Sana’a in die Familie ihres Vaters zurückkehrt, erfasst sie mit der Handkamera die ersten Demonstrationen in der Hauptstadt. Die Bilder zeigen: Es sind vor allem Frauen in Ganzkörperburka, die mit dem Ruf „Schaut auf Tunesien“ politische Veränderungen fordern.

Ein Jahr später filmt Sara Ishaq die immer noch prekäre Lage und welche Auswirkungen die machtpolitischen Auseinandersetzungen zwischen der schiitischen Huthi-Miliz und den Regierungstruppen auf den Alltag haben. Stromsperren, familiäre Dispute, aber auch Hoffnungssequenzen: Der Großvater schneidet die Rosen im Innenhof, die Nichten ernten zu Spieluhrklängen Maulbeeren.

Ein poetischer, wenn auch schwieriger Film ist „Silvered Water“ des im Exil lebenden Syrers Ossama Mohammed und seines Kollegen Wiam Simav. „Der Film macht die Gewaltexesse des Regimes auf die Zivilbevölkerung sichtbar“, sagt Fadi Abdelnour. „Die Art und Weise, wie die Bilder mit Musik und den Voice-over-Kommentaren der beiden Filmemacher kontrapunktiert und ergänzt werden, erschüttert einen komplett“, so einer der beiden Festivalleiter des Alfilm-Festivals. Die Kamera folgt einem kleinen Jungen, der mit einem Spielzeuggewehr unterm Arm Mohnblumen pflückt. Der Junge führt durch zerborstene Stadtlandschaften, im Hintergrund mischen sich Raketeneinschüsse mit den Klängen eines Oud und Melodiefetzen einer Opernsängerin. „Wie kann man noch Hoffnung haben, wie kann man noch Kunst produzieren unter solchen Bedingungen, zumal dieser Film jeglichen Voyeurismus vermeidet?“, sagt Fadi Abdelnour bewundernd.

Alfilm ist ein nichtkommerzielles Festival, in diesem Jahr neben anderen Förderern auch in Partnerschaft mit dem Filmförderpreis der Stuttgarter Robert-Bosch- Stiftung für internationale Zusammenarbeit Deutschland/Arabische Welt veranstaltet. Das Alfilm-Festival setzt den Fokus auf künstlerisch anspruchsvolle Independent- und Genrefilme und sucht in seiner Auswahl der Beiträge einen authentischen Überblick über die gegenwärtige arabische Filmwelt. Dazu gehört auch der Eröffnungsfilm „Decór“ des Regisseurs Ahmad Abdalla. Für europäische Kinogänger in eher ungewohnter Schwarz-Weiß-Optik gedreht, entfaltet sich ein Spiel um die Identität der erfolgreichen Filmset-Designerin Maha. Aufgerieben vom eigenen künstlerischen Anspruch und der kommerziell orientierten Wirklichkeit, verschieben sich für die Protagonistin die Realitäten. „Dieser Film ist intelligent strukturiert und funktioniert sowohl auf der intellektuellen wie auf der emotionalen Ebene“, sagt Claudia Jubeh, ebenfalls Festivalleiterin. Im Film „Decór“ sind Querverweise auf die immerhin über 100 Jahre alte Filmgeschichte Ägyptens verwendet. Die Retrospektive zur ägyptischen Schauspielerin Yousra ist deshalb ebenfalls ein wichtiger Programmpunkt beim 6. Alfilm-Festival.

Mehr als 400 Beiträge wurden den Organisatoren zugeschickt. „Die Menschen hier wissen zu wenig von arabischer Hochkultur, das wollen wir ändern“, sagt Fadi Abdelnour. Die Filme werden in den Berliner Kinos Babylon und Arsenal gezeigt, Experimentelles gibt es im Kunst- und Atelierhaus Meinblau zu erleben.

www.alfilm.de