Ulrich Schmidt hat sich eine Aquaponik-Anlage gebaut. Oben wachsen Pflanzen, unten blubbern Fische. Weitere Eindrücke, die von dem Aquaponik-Gedanken erzählen, finden sich in unserer Fotostrecke. Foto: Sägesser

Der Agrarwissenschaftler und Maler Ulrich Schmidt aus Schönberg glaubt an Aquaponik. Das ist ein System, in dem sich Pflanzen und Fischen wechselseitig guttun. Zu besichtigen auf dem Züblin-Parkhaus.

Schönberg/S-Mitte - In der Küche von Ulrich Schmidt blubbert es. Es klingt wie eine Kaffeemaschine, die dringend mal wieder entkalkt werden sollte. Doch die Quelle des Blubberns ist etwas anderes. Es ist ein Konstrukt, an das sich Ulrich Schmidts Frau erst gewöhnen musste: seine selbst gebaute Aquaponik-Anlage.

Klingt komplizierter

Aquaponik klingt kompliziert, ist sie aber nicht. Es handelt sich um ein geschlossenes Ökosystem, in dem Fische und Pflanzen voneinander profitieren. Die Pflanzen nehmen von Fischen abgegebenes Kohlendioxid auf und produzieren Sauerstoff für die Fische. Über einen Wasserkreislauf tauschen sie wichtige Nährstoffe aus (siehe auch Textende).

Bei Ulrich Schmidt in Schönberg wachsen zum Beispiel Salat, Koriander, Erdbeeren und Gurke. Die Pflänzchen stecken nicht in der Erde, sondern in Löchern in einem Blech. Darunter werden sie bewässert – mit dem Wasser, das aus dem Aquarium unter ihnen hochgepumpt worden ist. Darin schwimmen ein paar Zwergfadenfische. Das Wasser, das die Pflanzen hatten, fließt wieder zu den Fischen.

Versuch in der Küchennische

Für Ulrich Schmidt ist die Anlage in der Küchennische ein Versuch; er schraubt immer wieder daran herum, optimiert hier, ändert da. Ulrich Schmidt ist promovierter Agrarwissenschaftler. In Aquaponik sieht er eine Möglichkeit, ohne großen Aufwand Nahrung zu produzieren. Er denkt dabei an ärmere Regionen dieser Erde. Aber er denkt auch an den Hobby-Aquaponiker, dem der Fisch-Pflanzen-Kreislauf Freude bereiten könnte. Deshalb überlegt der Grünfisch-Verein, bei dem Ulrich Schmidt mitmischt, einen Produktdesigner zu Rate zu ziehen. Ein blubberndes Etwas wie das von Ulrich Schmidt stellen sich wohl nur ganz Leidenschaftliche in die Küche.

Es gibt noch eine andere, eine größere Anlage, an der Ulrich Schmidt mitgeschraubt und getüftelt hat. Sie ist so groß wie ein Tomatenhäuschen; der Aquaponik-Verein hat die Anlage im vergangenen Jahr erstmals auf einem Bio-Bauernhof in Plieningen aufgebaut. Die Bilanz: 30 Buntbarsche und unzählige Tomaten, Auberginen, Chilis, Paprika und so weiter. In diesem Jahr steht das Aquaponik-Häuschen auf der Ebene 0 des Züblin-Parkhauses (siehe auch Textende).

„Mein Thema ist die Nachhaltigkeit“, sagt der Agrarwissenschaftler Ulrich Schmidt. Aber das sagt auch der Künstler Ulrich Schmidt. Sein Geld verdient er nämlich nicht im Labor, sondern im Atelier. „Das Thema Ernährung beschäftigt mich auf allen Kanälen.“ Was das für seine Bilder bedeutet, zeigen ein paar Eindrücke an den Wänden bei ihm zu Hause. Ein Stillleben mit Cola, Burger und Fritten oder der Tomatenfisch, der auf das Aquaponik-Interesse seines Erschaffers anspielt.

Dass Aquaponik eine gute Sache ist, „davon war ich sofort überzeugt“, sagt Ulrich Schmidt. Eine gute Sache, für die es aber noch an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen gilt. Denn die Anlage braucht eine Wasserpumpe, die den Kreislauf in Gang hält. Die beste Lösung wäre, wenn sie mit Ökostrom betrieben werden würde. Ländliche Regionen – vor allem auf der Südhalbkugel – könnten davon profitieren. Mit recht geringem Aufwand ließen sich Fische und Pflanzen züchten. Lokal und öko. „Das Wasser ist extrem effizient eingesetzt“, sagt er. Es müsse nicht einmal getauscht werden.

Durch die große Aquaponik-Anlage, die dieses Jahr auf dem Züblin-Parkhaus steht, fließen 400 bis 500 Liter Wasser, in seinem kleinen Heim-System in der Küche blubbern 50 Liter, sagt Ulrich Schmidt. „Die Anlage hier ist ja nur eine Spielerei“, sagt er und schaut in die Ecke neben sich. Eine Spielerei, die offenbar fruchtet. „Ich sehe die Pflanzen richtig wachsen.“ Das ist Ernte genug, da schluckt er auch gern das Geblubber einer Kaffeemaschine. „Und meine Frau toleriert es zum Glück.“

Wissenswertes zu Aquaponik

Aquaponik ist ein Ökosystem, in dem Fische und Pflanzen voneinander profitieren: Sie produzieren Nährstoffe für den jeweils anderen. Aquaponik könnte für ärmere Gegenden auf der Erde von Vorteil sein. Der Kreislauf braucht eine Wasserpumpe, die unter Öko-Aspekten mit Sonnenkraft betrieben werden sollte.

Der Verein Grünfisch-Aquaponik ist anderthalb Jahre alt; er will die Ressourcen schützen, der Nahrungsmittelproduktion nachhaltige Konzepte aufzeigen, das Klima schützen und Privatleuten Lust machen, sich eine Aquaponik-Anlage zuzulegen. Mehr Infos: www.gruenfisch-aquaponik.de.

Auf der Ebene 0 des Züblin-Parkhauses, Lazarettstraße 5, befindet sich ein temporärer Projektraum für urbanes Lebensgefühl. Dort steht auch die Aquaponik-Anlage des Vereins Grünfisch, die 2015 in Plieningen auf einem Bauernhof erstmals aufgebaut war. Weitere Infos unter www.ebene0.de