Eine Einrichtung wie das Kinder- und Familienzentrum Martinskirche wird auch für den Stadtbezirk Süd gewünscht. Foto: Ina Schäfer

Die SPD fordert, mindestens eine Kindertagesstätte zu einem Kinder- und Familienzentrum auszubauen. Der Bezirksbeirat hat die Forderung nun auf seine Liste für den Doppelhaushalt 2016/2017 gesetzt. Bisher ist der Süden der einzige Innenstadtbezirk, in welchem es kein Kinder- und Familienzentrum gibt.

S-Süd - Im Stuttgarter Süden sind viele Familien von Armut betroffen. Trotzdem sei nicht geplant, eine der bestehenden Kindertageseinrichtungen zum Kinder- und Familienzentrum (KiFaz) umzubauen, kritisiert die SPD-Fraktion im Bezirksbeirat Süd. In einem Antrag hat sie diese Forderung nun in die Liste der notwendigen Projekte im Stadtbezirk für den Doppelhaushalt 2016/2017 eingebracht. Konkrete Ideen gibt es bisher nicht, sagt die Fraktionssprecherin Ulrike Holch. Sie persönlich könne sich aber die Kindertagesstätte St. Maria gut vorstellen. Nach ihren Informationen hätte auch das Kinderhaus Bachwiesenstraße der Diakonie Stetten Interesse bekundet. „Heslach würde auf jeden Fall Sinn machen“, sagt Holch.

Kinder- und Familienzentren sollen dort entstehen, wo die Not am Größten ist. Im Süden wäre dies am ehesten der Stadtteil Heslach. Dort befinden sich auch die drei Flüchtlingsunterkünfte des Stadtbezirks. „Ein Familienzentrum würde auch noch einmal besser zur Integration der Flüchtlingsfamilien beitragen“, ist Holch überzeugt. In der Stuttgarter Innenstadt ist der Süden bisher der einzige Bezirk, der kein solches Kinder- und Familienzentrum besitzt. Im Osten sind inzwischen vier Einrichtungen umgewandelt worden, in Mitte und Nord jeweils zwei, im Stuttgarter Westen eine.

Sozialdatenatlas statt Bonuscard als Kriterium

Bereits im Jahr 2012 hat der Stuttgarter Gemeinderat das Rahmenkonzept für die sogenannten KiFaz verabschiedet. Insgesamt 45 Einrichtungen im Stadtgebiet Stuttgart wurden damals in die Liste aufgenommen. Aus dem Stuttgarter Süden war keine Einrichtung dabei. Die SPD bemängelt deshalb die Auswahlkriterien der Stadt. Gekoppelt wurde nämlich die Auswahl der Einrichtungen an die Anzahl der Kinder mit Bonuscard. Als förderfähig gelten nur Kindertageseinrichtungen, deren Anteil an Kindern mit Bonuscard mindestens 30 Prozent entspricht und in denen zugleich 30 Kinder im Besitz der Karte sind. Dieser Indikator greife zu kurz, schreiben die Sozialdemokraten in ihrem Antrag. Nach Ansicht der Partei müsste der Sozialdatenatlas zur Einstufung der Einrichtungen herangezogen werden. Dieser sei keine Momentaufnahme, sondern mache soziale Entwicklungen in Stadtbezirken langfristig sichtbar.

Den Atlas als Kriterium heranzuziehen, hält der Jugendamtsleiter Bruno Pfeifle prinzipiell für möglich. Aber auch diesen müsse man kleinteiliger betrachten – und dann habe man dasselbe Problem. „Letztlich scheitert es am Geld“, sagt er. Und fügt hinzu: „In dem Moment, wo wir die Kriterien aufweichen und mehr Kitas diese erfüllen, brauchen wir mehr Geld.“

Die Bildungsarbeit soll die gesamte Familie ansprechen

Das Ziel eines KiFaz nach dem Stuttgarter Modell ist es, die Bildungsarbeit auf die gesamte Familie auszuweiten. Damit will die Landeshauptstadt Kindern aus sozial schwachen Familien eine größere Chancengleichheit ermöglichen. Sozial schwache Familien befinden sich noch viel mehr im Spannungsfeld zwischen Elternschaft, Beruf und gesellschaftlichen Erwartungen und haben daher oft eine intensivere Begleitung und Beratung nötig. „Armutskinder müssen sehr früh stärker gefördert werden, und dabei müssen die Eltern miteinbezogen werden“, sagt Pfeifle. „Wir sind deshalb sehr dafür, dass Projekt weiterzuführen und auszubauen.“ Inzwischen hat das Jugendamt die bisherigen Erfahrungen mit den KiFaz evaluiert und Vorschläge für das weitere Vorgehen erarbeitet. Die Mitteilungsvorlage wird am 22. Juli im Jugendhilfeausschuss vorgestellt. „Danach ist es Sache des Gemeinderats, wie viel Geld dafür in die Hand genommen wird“, sagt Bruno Pfeifle.