Am 12. Juli kam es in Stuttgart während einer "Free-Palästina-Demo" zu Zusammenstößen. Foto: Sven Friebe

Die jüdischen Gemeinden in Baden-Württemberg sind besorgt: Auch im Südwesten gibt es angesichts der Eskalation im Nahen Osten Anti-Israel-Demonstranten - mitunter hört man dort auch antisemitische Parolen.

Die jüdischen Gemeinden in Baden-Württemberg sind besorgt: Auch im Südwesten gibt es angesichts der Eskalation im Nahen Osten Anti-Israel-Demonstranten - mitunter hört man dort auch antisemitische Parolen.

Stuttgart - Die jüngsten anti-israelischen Demonstrationen haben bei der jüdischen Gemeinde Württemberg große Besorgnis ausgelöst. „Es macht einen betroffen und schockiert, wenn man sieht, wie die Emotionen da hochkochen“, sagte Barbara Traub von der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs am Dienstag in Stuttgart. Die Auseinandersetzung mit dem Konflikt verlaufe viel zu einseitig, kritisierte Traub. Für die Militärschläge äußerte sie Verständnis. „Ein Staat muss seine Bürger schützen“, sagte sie.

In mehreren Städten im Südwesten hatte es am Wochenende Proteste gegen die Angriffe Israels im Gazastreifen gegeben, bei denen auf palästinensischer Seite bisher mehr als 580 Menschen starben und 3640 verletzt wurden. Auf der israelischen Seite kamen mindestens 27 Soldaten und zwei Zivilisten ums Leben. Mehr als 120 Soldaten wurden nach Medienberichten verletzt.

Am Freitag große Kundgebung in Stuttgart

Für Dienstagabend wurde in Stuttgart erneut eine Kundgebung angemeldet, mit der Freunde Palästinas gegen die israelischen Angriffe protestieren wollen. Freitag soll es einen größeren Demonstrationszug durch die Landeshauptstadt geben.

Am Samstag gingen in Mannheim rund 4500 Menschen auf die Straße. Laut Polizei gab es bei den Demonstrationen keine größeren Zwischenfälle. Allerdings wurden vereinzelt israelfeindliche Sprechchöre und Plakate registriert. Um einer Eskalation vorzubeugen, hatte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) mit einem breiten Bündnis aus Fraktionen und Vereinen einen Friedensappell verfasst. Auch die Jüdische Gemeinde Mannheim und die Gemeinde des Islam in Deutschland gehörten zu den Absendern. Der Appell wurde auch in den Moscheen thematisiert.

Anzeige wegen Volksverhetzung

Bei der Mannheimer Staatsanwaltschaft ist nach der Demo eine Anzeige gegen eine Frau wegen des Verdachts auf Volksverhetzung eingegangen. Unter Anspielung auf den Holocaust soll sie auf Facebook Rechtsextreme dazu aufgerufen haben, an der Veranstaltung teilzunehmen, wie ein Behördensprecher sagte.

In Karlsruhe protestierten etwa 750 Menschen, in Pforzheim rund 1000. Beide Demos wurden vom Staatsschutz beobachtet. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich in beiden Fällen vor allem Türken an den Demonstrationen. Die Türkei zählt zu den Unterstützern der Hamas. Spätestens seit dem Übergriff israelischer Soldaten auf Aktivisten an Bord des türkischen Schiffes „Mavi Marmara“ 2010 ist das Verhältnis Ankaras zu Israel angespannt.

Kritik am Handeln Israels dürfe nicht gleichgesetzt werden mit Antisemitismus, betonte der Leiter des Fachbereichs Integration in Mannheim, David Linse. „Sowohl Kritik an Israel als auch an der Hamas muss möglich sein.“

FDP-Landeschef Michael Theurer forderte einen Schulterschluss aller Demokraten. Sie sollten sich allen Versuchen entgegenstellen, „mit volksverhetzenden Parolen antisemitischen Hass zu schüren“. „Die breite demokratische Mehrheit darf Provokationen einer kleinen extremistischen Minderheit nicht unwidersprochen hinnehmen.“

Am Montagabend war es in Ravensburg zu spontanen Protesten gekommen. Nach Aufrufen in sozialen Netzwerken hatten sich rund 250 Menschen versammelt. Es wurden nach Polizeiangaben anti-israelische Parolen in deutscher und türkischer Sprache gerufen. Einige Demonstranten brachten zudem Transparente mit israel-kritischen Slogans mit. Insgesamt blieb es den Aussagen zufolge aber friedlich.