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Im Netz verbreiteten Flüchtlinge den Fahndungsaufruf der Polizei nach Dschaber al-Bakr aus Chemnitz – und Syrer waren es, die die Polizei zu dem mutmaßlichen Terroristen führten. Unterdessen wird deutlich, wie groß die Terrorgefahr tatsächlich war.

Stuttgart - „Bitte teilen, teilen, teilen!!!“ Dieser eindringliche Aufruf steht am Samstag als Eintrag auf der Facebook-Seite von „GermanLifeStyle GSL“, einer von geflüchteten Syrern betriebenen Netzwerkseite im Internet, die mehr als 90 000 Abonnenten zählt. Syrer in Deutschland müssten „diejenigen von uns bekämpfen, die was Schlimmes für die Menschen hier, die uns unterstützen und alle die hier leben, machen wollen!“, heißt es dort. Angefügt ist der Fahndungsaufruf der sächsischen Polizei zu dem 22-jährigen Syrer Dschaber Al-Bakr, dem inzwischen in Leipzig festgenommenen islamistischen Terrorverdächtigen.

Syrische Flüchtlinge waren es bekanntlich auch, die den mutmaßlichen Sprengstoffhersteller aus Chemnitz in der Nacht zu Montag in ihrer Leipziger Wohnung festgesetzt und der Polizei ausgeliefert hatten. Nach der Ergreifung Al-Bakrs bekunden viele Syrer bei GSL ihre Freude. „Tolle Nachricht!“, heißt es auf der Facebook-Seite, auf der Einträge auf deutsch und arabisch zu lesen sind, zu Al-Bakrs Festnahme. „Wir (GSL) bedanken uns ganz herzlich“ bei der Polizei und ihren Landsmännern. „Wir sind von dem Krieg geflohen und wissen ganz genau, was es bedeutet, in einer unsicheren Lage zu leben.“

„Konnten nicht zulassen, dass er Deutschen etwas antut“

Auch der Syrer Monis Bukhari, der das Facebook-Netzwerk „Syrisches Haus“ mit mehr als 12 000 Abonnenten betreibt, lobt seine Landsleuten als Vorbilder. „Jeder sollte so handeln und sich damit zur Sicherheit in Deutschland bekennen“, schreibt Bukhari. Zuvor hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (beide CDU) den Männern für ihre Hilfe gedankt. CDU-Generalsekretär Peter Tauber erklärte: „Die drei Syrer sind für mich auf jeden Fall Helden“. Inzwischen sitzt der Verdächtige in Untersuchungshaft.

Laut „Bild“-Zeitung hatte Al-Bakr seinen Unterschlupf in der Leipziger Wohnung auch über ein Online-Netzwerk syrischer Flüchtlinge gefunden. Seine Gastgeber hätten ihn überwältigt, nachdem sie über soziale Netzwerke von dem Fahndungsaufruf erfahren hatten. Versuche Al-Bakrs, sich mit Geld freizukaufen, wiesen sie zurück. „Ich bin Deutschland so dankbar, dass es uns aufgenommen hat. Wir konnten nicht zulassen, dass er Deutschen etwas antut“, wird Mohamed A. zitiert.

„Diese Tat wird sicherlich vom IS nicht vergessen“, sagt der Leiter der Leipziger Syrienhilfe, Hassan Zeinel Abidine. Deshalb ist der Aufenthaltsort der Männer unbekannt. Auch ihre Namen sollen nicht veröffentlicht werden – aus Angst vor Racheakten an ihren Familien in der Heimat.

Der Kauf von Heißkleber gab den Ausschlag

Laut Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sei es gelunge, „kurz vor zwölf Uhr einen Terroranschlag zu verhindern“. Die Gefahr eines Anschlags auf einen Berliner Flughafen sei „sehr konkret“ gewesen. Maaßen betont, seit Anfang September habe es Hinweise gegeben, dass der IS in Deutschland Anschläge etwa gegen Bahnhöfe und Flughäfen plane. Innerhalb eines Monats sei es gelungen, mit Al-Bakr die Person zu identifizieren, die den Anschlag ausführen sollte. Seit Freitag sei der Verdächtige dann rund um die Uhr überwacht worden. Der Zugriff sei vorbereitet worden, nachdem er Heißkleber gekauft habe – die möglicherweise letzte noch fehlende Chemikalie zum Bombenbau. Aus Sicht der Nachrichtendienste habe der Verdächtige Beziehungen zum IS unterhalten.

Laut der „Welt“ soll sich Al-Bakr vor seinen Anschlagsvorbereitungen in der Türkei aufgehalten haben. Er habe Deutschland im Frühjahr bis zum Spätsommer verlassen, berichtet das Blatt unter Berufung auf Ermittlerkreise. Geprüft wird demnach auch, ob Al-Bakr von der Türkei aus nach Syrien reiste und sich dort in einem Ausbildungslager islamistischer Terroristen schulen ließ. Laut „Welt“ kehrte Al-Bakr erst Ende August nach Deutschland zurück. Nach seiner Rückkehr aus der Türkei habe er nach einer neuen Wohnung in Sachsen gesucht. Dabei soll er andere Asylbewerber um Hilfe gebeten haben, die allerdings misstrauisch geworden seien.