Annerose Lechner bevorzugt, wie auf dem Foto zu sehen ist, die flächige Bildgestaltung mit den immergleichen Farben. Sie stellt in der Galerie am Laien aus. Foto: factum/Weise

Blau, Weiß und Terrakotta – das sind die Farben, die Annerose Lechner bevorzugt. Sie malt aus der Emotion heraus und wird doch bisweilen gesellschaftskritisch.

Ditzingen - Das Bild ist das Ergebnis eines Prozesses. Für Annerose Lechner selbst ist die Entwicklung von Bedeutung, für den Betrachter soll es das Ergebnis sein. Und dieser kann bisweilen klar erkennen, wie kritisch sich Annerose Lechner mit der Entwicklung der Gesellschaft auseinandersetzt. Möge das Stichwort nun Digitalisierung heißen oder Globalisierung. Darauf geht Lechner, 1950 in Leipzig geboren, in der Serie „No exit“ ein. In sieben Arbeiten – allesamt Mischtechniken auf Acrylplatte – zeigt sie, wie die Menschen gefangen sind. Die Münchner Eisbachsurfer etwa kombiniert sie mit dem Motiv eines gekippten Mühlrads – die dynamische Bewegung stößt immer wieder aufs Neue an unüberwindbare Grenzen.

Weiß steht für Ruhe

Lechner zeigt in den wenigen gegenständlichen Arbeiten den Menschen im Hamsterrad. Aber die in Ludwigsburg lebende Annerose Lechner verhaftet nicht im Negativen, sie schafft sich ihre Freiräume. „Ruhezone“ nennt sie die Arbeiten, die seit Sonntag in der Städtischen Galerie am Laien zu sehen sind. Weiß, Blau und Terrakotta beherrschen die Arbeiten: Weiß für die Ruhe, Blau für die Weite und Terrakotta für das Erdgebundene. Dazu mischen sich Grautöne und immer wieder die schwarze Linie. Mal dünner, mal dicker prägt sie das Bild mit und verweist darauf, dass Lechner über das Zeichnen zur Malerei kam.

Die Linie teilt die Farbflächen, gibt dem Bild Kontrast, bildet auch den Kontrapunkt zu den Flächen in weichen Farben. Und so wirkt immer auch die Energie in den Ruhezonen, das Leben pulsiert beständig weiter. und ermöglicht doch durch die Ruhezonen auch die Rückbesinnung. Auf diese Weise lässt sich möglicherweise auch erklären, warum sich Lechner alter Gegenstände annimmt, die nicht mehr verwendet werden für das, wozu sie einst geschaffen wurden. Das Mühlrad also wird zum sinnbildlichen Hamsterrad; das Geländer einer Wendeltreppe auf der griechischen Insel Naxos wird in der Collage „Rotation“ zum zentralen Bildmotiv. „Ich will das Vergangene bewahren“, sagt Lechner und begründet das nicht nur mit einer ansprechenden Ästhetik. Das Alte bewahren, seine Spuren zu sichern und ihm dadurch einen neuen Platz, in der Gegenwart zuzuweisen – das macht es für Lechner interessant.

„Der Pinsel muss hängen bleiben“

Die Acrylmischtechniken auf Leinwand sind zum Teil aus Collagen entstanden, meist, wenn nicht gar immer aber mit Pigmenten versehen. „Der Pinsel muss hängen bleiben“, sagt Lechner – und fasst damit auch ihr Ringen um das Bild in Worte. Zu Beginn steht die Emotion. Diese bahnt sich ihren Weg auf den Untergrund. „Sie muss raus“, sagt Lechner, die just dabei die wesentlichen Veränderungen in ihrer Entwicklung ausmacht.

Spät hatte Lechner begonnen, sich umfassend der Kunst zu widmen. Die gelernte Fremdsprachensekretärin bildete sich erst bei freischaffenden Künstlerin im In- und Ausland aus, seit sie 38 ist. Zu Beginn war sie auch der Aquarellmalerei zugetan. Gegenständlich und eher kleinformatig waren die Bilder, die in dieser Zeit entstanden – und nichts gemein haben mit dem großen, emotionsgeladenen Schwung, die jene Bilder prägen, die nun in Ditzingen zu sehen sind.

Daten zur Ausstellung

Künstlerin
Annerose Lechner, 1950 in Leipzig geboren, ist in Süddeutschland aufgewachsen. Sie lässt sich seit 1988 bei freischaffenden Künstlern ausbilden. Kunst
Die Ausstellung „Einblicke“ ist bis einschließlich 23. Oktober in der Städtischen Galerie am Laien in Ditzingen zu sehen. Die Galerie ist geöffnet dienstags und donnerstags von 16 bis 18 Uhr sowie sonntags von 14 bis 17 Uhr. Am Montag, 10. Oktober, ist Lechner zu Gast beim Ditzinger Kulturtreff. Die Veranstaltung im Gewölbekeller beginnt um 20 Uhr. An diesem Abend ist die Ausstellung zudem von 19 bis 20 Uhr geöffnet.