Anneliese Bunk lebt seit drei Jahren fast ohne Plastik. Foto: Ina Schäfer

Die Bestseller-Autorin Anneliese Bunk hat im Bürgerzentrum West erklärt, wie der Kunststoff aus dem Alltag verbannt werden kann.

Stuttgart - Anfangs hatte ihr Ehemann gehofft, es sei alles nur eine Phase. Aus dieser Phase allerdings sind inzwischen ein Lebensmotto und ein Spiegel-Bestseller geworden. Vor drei Jahren ist Anneliese Bunk auf den Film „Plastic Planet“ gestoßen, ein Dokumentarfilm über die Gefahren von Plastik für Mensch und Umwelt. „Das Thema ist schon lange aktuell, doch niemand tut etwas dagegen“, so Anneliese Bunk. Deshalb hat sie kurzerhand beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, Plastik aus ihrem Leben zu verbannen und ein Buch zu schreiben. Ihre Werbeagentur hat sie für das immer größer werdende Projekt aufgegeben.

Mit dem erfolgreichen Werk „Besser leben ohne Plastik“, das sie mit Nadine Schubert geschrieben hat, war sie im Bürgerzentrum West zu Gast. „Plastikfasten“ hieß der Vortrag, organisiert vom BUND und unterstützt vom Unverpackt-Laden Schüttgut. „Weshalb in der Fastenzeit nicht mal auf Plastik verzichten?“, sagt Leonie Schurr vom BUND, die die Veranstaltung organisiert hat. Das dachten sich einige, der Andrang im Bürgerzentrum ist groß, manche der rund 300 Besucher müssen auf dem Boden Platz nehmen. Anneliese Bunk freut sich: „Ich habe kurz überschlagen: Gemeinsam könnten wir fünf Tonnen Plastik im nächsten Jahr einsparen!“

Viele Produkte stellt Anneliese Bunk selbst her

Ein Blick ins Badezimmer genügt, um das ganze Ausmaß zu erkennen: Fast jedes Produkt befindet sich in Tiegel oder Tuben aus Plastik. Dabei sei es gerade im Badezimmer extrem einfach, so Anneliese Bunk: „Kein Mensch braucht Duschgel!“ Seife sei inzwischen zu ihrem Lieblingsprodukt avanciert, es pflege wie ein Duschgel und sei dazu günstiger und reichhaltiger. Als Ersatz für Haarshampoo und Deo gebe es feste Varianten, die etwa in Läden wie dem Schüttgut erhältlich sind. Auch Rasierer und Zahnbürsten gebe es in anderen Materialien. Viele Produkte stellt Anneliese Bunk inzwischen selbst her. Etwa Bodylotion aus Sheabutter, Mandel- und Kokosöl. Das Waschmittel wird aus Kernseife, Waschsoda und Duftöl zusammengerührt. Auch mit Kastanien und sogar Efeu lasse es sich waschen. Was klingt, wie ein maximal zeitaufwendiger Verzicht, sei genau das Gegenteil. „Seit ich auf Plastik verzichte, habe ich sehr viel mehr Zeit, Kaffee trinken zu gehen“, sagt die Buchautorin. Die Zutaten seien schnell zusammengemischt, Seifen und andere feste Produkte hielten beinahe ewig. Einmal im Jahr zieht Anneliese Bunk los, um Zutaten und Alternativ-Produkte zu kaufen.

Natürlich ist das Leben nicht nur leicht als Plastikvermeider. Bei dekorativer Kosmetik ist die Produktpalette deutlich kleiner und in manchen Segmenten fast gar nicht vorhanden. Mascara wird deshalb aus verbrannten Mandeln und Kokosöl zusammengemischt, Puder aus Heilerde hergestellt – Plastikverzicht für Profis. Anneliese Bunk empfiehlt deshalb: „Fangen sie mit kleinen Schritten an, sonst sind sie schnell frustriert.“ Etwa auf Leitungswasser umzusteigen, statt Wasser in Plastikflaschen zu kaufen, bei Einkäufen Baumwollbeutel verwenden, frisches, unverpacktes Obst und Gemüse kaufen und Milch in Glasflaschen statt Tüten.

Am Ende gibt aber auch Anneliese Bunk zu: Ganz ohne Kunststoffe gehe es nicht. Wenn etwa der Kauf eines neuen Rollkoffers ansteht, wird auf hochwertige Qualität und im besten Fall lebenslange Garantie geachtet. Auch ihre Kinder dürfen auf Geburtstagen von Freunden in die Gummibärchen-Packung greifen: „Mit Verboten kommt man nicht weit.“ Für den Ehemann gilt ebenfalls zumindest eine Ausnahme: „Er ist Engländer und überzeugt, ohne seinen Cheddar-Käse nicht überleben zu können.“ So funktioniert das harmonische Familienleben auch mit einer ausgedehnten Plastikfrei-Phase.