Der Tod ist der definitive Verlust aller Lebensfunktionen. Wie gehen Gläubige und Ungläubige mit Tod und Sterben um? Was fürchten sie? Was macht ihnen Angst? Foto: dpa

Viele Menschen haben Angst vor dem Tod, noch mehr vor dem Sterben. Kann der Glaube diese Furcht mildern? Britische Forscher sind dieser spannenden Frage nachgegangen.

Stuttgart/Coventry - „Sterben kann gar nicht so schwer sein – bisher hat es noch jeder geschafft“ – der amerikanische Schriftsteller Norman Mailer (1923-2007).

Der Tod ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig, auch wenn viel Zeit und Mühe darauf verwendet wird, ihn in Hinterzimmern und Abstellkammern zu verbergen, damit möglichst wenige von seinem Schrecken mitbekommen. Und dennoch ist er immer da, vor allem in den Köpfen der Menschen.

Wer fürchtet sich mehr vor dem Sensenmann – Atheisten oder gläubige Menschen? Ganz klar, werden die meisten sagen: Atheisten. Wer weiß, dass nach dem Exitus das ewige Nichts auf einen wartet, zählt irgendwann sorgenvoll die Tage und Stunden bis zu seinem Ableben. Gläubige hingegen wissen, wohin die Reise geht: ins Elysium, in den Himmel, Dschana oder das Nirwana.

Allgegenwärtige Angst vor dem Tod

Britische Forscher von der Coventry and Oxford University sind dieser Frage nun nachgegangen. Bei der Auswertung von mehr als 100 Studien mit mehr als 26 000 Teilnehmern aus der Zeit von 1961 bis 2014 ist das Team um den Sozialpsychologen Jonathan Jong zu dem Schluss gekommen, dass wirklich gläubige Menschen weniger Angst vor dem Tod haben. Je gläubiger jemand war, desto weniger fürchteten sie sich vor dem Ende.

Angesichts der Tatsache, dass die Thematik in der empirischen Forschung bisher kaum untersucht worden ist, kommt der Studie große Bedeutung zu.

Grad der Religiosität, ist entscheidend

Die Analysen hätten eine „schwache negative Korrelation“ zwischen Religiosität und Angst vor dem Tod gezeigt, schreiben die Autoren im Fachmagazin „Religion, Brain & Behavior“. Nur bei einer Gruppe hat demzufolge ein etwas stärkeren Effekt gezeigt, nämlich bei den „intrinsisch Religiösen“. Der Begriff stammt vom lateinischen „intrinsecus“. Darunter versteht man in der Theologie und Religionspsychologie Menschen, die nach innen gewendet sind und inbrünstig an die Inhalte ihrer Religion glauben – im Unterschied zu den „extrinsisch Religiösen“, die vor allem pragmatisch die sozialen und emotionalen Vorteile der Glaubensgemeinschaft schätzen.

„So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein.“

Dennoch bleibe die Studienlage uneindeutig, erklärt Jong. So zeige sich bei der Hälfte der Studien überhaupt kein Zusammenhang zwischen Religiosität und Angst vor dem Tod. In 18 Prozent der Studien hätten sich die religiösen Menschen sogar mehr gefürchtet als der durchschnittliche Ungläubige.

Auch bei den erklärten Atheisten habe sich häufiger eine leicht reduzierte Todesangst gezeigt. Nach Ansicht der Wissenschaftler könne dies darauf hindeuten, dass jede starke Weltanschauung die Angst reduzieren könne, also auch ein ausgeprägter Atheismus.

Um mit dem 2010 mit 49 Jahren an Lungenkrebs gestorbenen Theateregissuer Christoph Schliengensief zu sprechen: „Ich habe keinen Bock auf Himmel . . . So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein.“