Das Landgericht hat einen Mann lediglich wegen Körperverletzung verurteilt. Foto: dpa

Das Landgericht Stuttgart hat einen Mann nicht wie von der Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags verurteilt. Obwohl der Angeklagte seine Freundin anzünden wollte, lautete das Urteil auf Körperverletzung.

Stuttgart - Um ein Haar wäre es am 5. November vorigen Jahres in einer Wohnung in Weilimdorf zur Katastrophe gekommen. Eine Frau kauert auf dem Boden im Wohnzimmer, nachdem sie von ihrem Freund brutal zusammengeprügelt worden war. „Jetzt wirst du sehen, wie deine Mutter brennt“, sagt der schwer alkoholisierte Mann zur achtjährigen Tochter seiner Freundin.

Der Deutsch-Kasache bespritzt die verletzte Frau mit einem Desinfektionsmittel und hält ein Feuerzeug an ihre Haare. Das Feuerzeug zündet nicht, er versucht es mit einem zweiten. Wieder versagt das Feuerzeug. Ein vorhandenes drittes Feuerzeug lässt er links liegen. Der 47-jährige ehemalige Unteroffizier der Roten Armee beruhigt sich, erlaubt der Frau zu telefonieren. Die 46-jährige ruft die Polizei, der Schläger wird festgenommen.

Das war nicht der erste gewaltsame Übergriff des gelernten Elektrikers auf die Frau. Der Spätaussiedler hat die 46-Jährige übers Internet kennengelernt. Im März 2013 zieht sie bei ihm in Weilimdorf ein. Beide sprechen dem Alkohol zu, er schlägt sie. Schlägt ihr zwei Zähne aus, schlägt sie grün und blau. Sie vergibt ihm und holt ihre kleine Tochter in die Wohnung. Im Oktober 2013 folgt die nächste Prügelorgie.

Zum Teil vor den Augen der Tochter versetzt der Mann seinem Opfer mindestens 23 wuchtige Faustschläge ins Gesicht und gegen den Oberkörper. Die Frau erleidet unter anderem eine Rippenfraktur. Als eine Polizeistreife den Mann vor der Wohnungstür zur Rede stellen will, versucht er, die Beamten zu schlagen und zu treten. Er wird fixiert, bekommt ein Annäherungsverbot und einen Wohnungsverweis aufgebrummt. Doch die Frau kann nicht von ihm lassen.

Sie ruft ihn in den folgenden Tagen fast 60-mal an, er besucht sie immer wieder und übernachtet in der Wohnung. So auch am 5. November.

Verteidiger Bernhard Krinn stellt den versuchten Totschlag in Abrede. An der Körperverletzung gebe es nichts zu deuteln, doch sein Mandant habe keine Tötungsabsicht gehabt. Das sehen die Richterinnen und Richter der 9. Strafkammer des Landgerichts anders. Vorsitzender Richter Christian Klotz bescheinigt dem Angeklagten einen bedingten Tötungsvorsatz, als der mit gut 2,5 Promille Alkohol im Blut mit den Feuerzeugen an den Haaren der Frau herumfuchtelte. Weil der Kerl aber freiwillig von seinem Opfer abgelassen und der Frau auch gestattet habe, die Wohnung zu verlassen, handele es sich um einen sogenannten strafbefreienden Rücktritt vom versuchten Totschlag. Der Mann wird wegen Körperverletzung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der Spätaussiedler hat allerdings noch zwei Bewährungen offen.